Von Oamaru bis Dunedin

Die kleinen blauen Pinguine wohnen in Oamaru praktisch in der Stadt. Sie kommen verlässlich in der Dämmerung an Land und warten brav am Ufer bis die Touristen weg sind und der Verkehr abnimmt. Dann gehen sie über die Straße zu ihren Höhlen, um ihren Nachwuchs mit der tagsüber gesammelten Meeresfrüchtesuppe aus ihrem Kropf zu füttern. Dabei kommunizieren sie miteinander und warnen sich gegenseitig, falls Ungemach drohen sollte. In der Nacht lassen wir noch einen Seehund die Straße queren bevor wir uns einen Schlafplatz mit unserer grünen Dose suchen.

Viele Gebäude in Oamaru sind aus dem viktorianischen Zeitalter, 80 Prozent der ursprünglichen Bauten sind noch vorhanden und schön restauriert. Es gibt ein kleines Museum, das sich „Steampunk Headquarter“ nennt. Allerlei lustig bizarre Gerätschaften sind ausgestellt. Von der umgebauten Kirchenorgel bis zum Motorradtraktor und Lokomotive samt Steampunk-Figuren ist alles da. In Museen und Fotogeschäften kann man sich in viktorianischer Kleidung ablichten lassen. Die Stadt ist deshalb so erhalten, weil ein kurzer Industrieboom die Menschen zum Bauen animiert hat. Leider ist dies der Rezession und schlussendlich der Prohibition zum Opfer gefallen. Daher versank Oamaru im Dornröschenschlaf.

Die Fahrten zwischen den Highlights sind kurzweilig. Ohne Übertreibung findet man sich innerhalb einer halben Stunde am Traumstrand mit Seelöwen, neben Steilküsten mit Meeresvögeln, in einer sanften Hügellandschaft mit Schaf- und Kuhweiden oder in steilen bewaldeten Hügeln mit kreisenden Raubvögeln wieder. Flüsse und Seen sind allgegenwärtig. Die Beschilderung der Sehenswürdigkeiten ist fast schon inflationär. Alle paar Hundert Meter sieht man ein Schild, das zu Wanderwegen am Fluss, zum Wasserfall, zur Küste und ähnlichem weist. Tourismus wird hier großgeschrieben. Die Land- und Forstwirtschaft ist allerdings ein noch wichtigerer Wirtschaftsfaktor. Geschlägerte schnell wachsende Pinien gehen per Schiff nach China. Fünf Millionen Einwohnern stehen 10 Millionen Kühen und 30 Millionen Schafen gegenüber. Kühe und Schafe haben wir gefühlt alle gesehen. Die Tiere weiden hier überall. Sogar in der abgelegenen Gegend von Lake Tekapo gibt es zwei Farmen – sogenannten „Stations“ – mit jeweils mehr als 10.000 Schafen. Bewässert wird mit riesigen kilometerlangen fahrbaren Rohranlagen.

Unsere Reise geht mit einem Zwischenstopp in Port Chalmers nach Dunedin weiter. In dem kleinen Ort Port Chalmers steht ein riesiges Kreuzfahrtschiff am Dock. Im Hafen werden zwei Schiffe beladen. Eines mit Pinien-Baumstämmen und das andere mit Containern. Der Ort hat eine Geschichte als Ausgangspunkt für Antarktisexpeditionen. Immerhin ist man hier bereits südlicher als der südlichste Punkt Tasmaniens. Leider scheinen die Expeditionen unter keinem guten Stern gestanden zu sein. Allen voran hat Scott zwar von hieraus den Südpol erreicht, kam aber leider nicht zurück. Mehrere Expeditionen von Port Chalmers aus wurden abgebrochen. Das kleine maritime Museum wird gerade umgebaut und bietet einen guten Überblick über die Geschichte und viele Schiffsmodelle. Auch die viermonatige Seereise der britischen Einwandererfamilien auf Segelschiffen im 19. Jahrhundert nach Neuseeland wird interessant dargestellt. 

Am Weg entlang der Küste nach Dunedin finden sich tolle Aussichtspunkte und einzigartige kugelförmige große Steine am Strand. Diese wurden aus Sandstein am Meeresgrund geformt und durch das Abnehmen des Meeresspiegels traten sie am Strand zutage. 

Dunedin ist eine von schottischen Einwanderern geprägte Stadt. Viele Gebäude erinnern tatsächlich an Schottland. Ein charmantes Flair entfaltet die Stadt aber für uns nicht. Hier finden wir sogar einen Parkplatz, wo übernachten im Camper erlaubt ist. Allerdings fährt 20 Meter daneben die Verschublokomotive die halbe Nacht hin und her, was sich im Camper anhört, als würde man direkt am Gleis stehen. Immerhin kann man den Zug nicht nur hören, sondern auch fühlen. 

Nach Dunedin kommt man wegen der seltenen Königsalbatroskolonie am Ende der Halbinsel Otago. Es ist die einzige „Mainland“-Kolonie von Royal Albatrossen auf der südlichen Halbkugel. Hier wird fleißig gebrütet. Die Spannweite eines Albatrosses beträgt zirka drei Meter und die Lebenserwartung bis über 60 Jahre. Diese Vögel setzen ihre schwimmbehäuteten Füße ausschließlich in Neuseeland an Land. Sie fliegen nach dem Brüten mit dem Wind nach Osten in den hohen Breiten bis nach Chile! Dort gehen sie allerdings nicht an Land, sondern landen nur – wenn überhaupt – am Wasser. Wenn sie genug Futter aufgenommen haben, fliegen sie wieder in Windrichtung weiter Richtung Osten nach Neuseeland wo sie wiederum an Land gehen und brüten. Einmal 40.000 Kilometer in eine Richtung um die ganze Welt. Durch ihr effizientes Flugverhalten können sie bis zu 7 Monate ohne Unterbrechung in der Luft bleiben. Eigentlich bräuchten sie nur 40 Tage, um einmal nonstop um die Welt zu fliegen. Die Jumbojets unter den Vögeln lassen sich aber für ihren Chile-Urlaub einige Monate Zeit. Recht so. Zum Starten und Fliegen brauchen sie relativ viel Wind. Die Albatros-Station ist ein Erlebnis. Wir erwischen einen windigen Tag und sehen die Albatrosse brüten, starten, fliegen und landen. Dabei beobachten wir keinen einzigen Flügelschlag. Es reicht, beim Starten die Flügel auszubreiten, beim Fliegen minimal zu verstellen und beim Landen zusammenzufalten. Gewaltig. 

Bevor wir von Dunedin Abschied nehmen sehen wir uns noch das einzige Schloss Neuseelands an. Schloss Larnach wurde im 19. Jahrhundert von einem Industriellen gebaut und liegt wunderschön auf der Halbinsel Otago samt zugehöriger gepflegter Gartenanlage. Nun geht es weiter gen Süden. Leider wird es auf der Südhalbkugel im Süden nicht wärmer sondern kälter. Die Hauben sind griffbereit.

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