Lombok

Nach der Abgeschiedenheit von Sumbawa segeln wir weiter gen Westen. Da es hier nur so von „FADs“, den hölzernen unbeleuchteten „fish aggregation devices“, wimmelt, beschränken wir uns auf Fahrten bei Tageslicht. So landen wir vor Pulau Bedil, einem winzigen Inselchen nordwestlich von Sumbawa. Unser Tourguide in Komodo hat diesen Platz empfohlen, allerdings ist er nicht wirklich zum Ankern geeignet. Martin schwimmt mit Schnorchel und Maske voraus, um Sandspots inmitten der Korallen zu finden. Kerstin fährt mit Infinity langsam hinterher. Gemeinsam schaffen wir es, den Anker auf einen der Sandspots zu platzieren und holen unsere Fender hervor, um die Kette über die Korallen zu heben. Um uns herum schwirren die Fischer umher. Leider entdecken wir auf dem schönen Riff das erste Mal in Indonesien großflächige Korallenbleiche. Die Erderwärmung macht auch hier nicht halt vor der Zerstörung.

Nächster Stopp ist die Insel Lawang, nordöstlich von Lombok. Zwischen den Riffen findet sich ein kleiner Ankerplatz, der von Mangroven geschützt und leider auch mit Insekten belebt ist. Nach Monaten ohne Regen finden tatsächlich ein paar Regentropfen in der Nacht den Weg auf Infinity, wobei der kurze Schauer eher den Schmutz verteilt als wegwäscht. Die untypische Trockenheit wird durch El Niño verstärkt. Aufgrund der vielen Wasserquellen geht den Inseln hier das Wasser nicht so schnell aus und überall schimmert es noch immer üppig grün. In Lombok angekommen, ankern wir direkt bei der Medana Bay Marina, die als solche kaum erkennbar ist. Die Stege sind wackelig und wenig vertrauenserweckend. Die Tür des Marinabüros steht immer offen, auch wenn niemand da ist und das hier ansässige Seglercafé heißt uns willkommen. An den Flaggen erkennen wir, dass hier auch die Boote der Indonesien-Rallye und der Glywo einkehren. Paul von der Wasa ist ebenfalls mit neuer Crew hier. 

Es steht die Verlängerung unserer Visa an. Martin hat rechtzeitig mit unserem Agenten kommuniziert, damit wir die nötigen Unterlagen in die Marina gesendet bekommen. Am Wochenende können wir nicht viel erreichen. Unser Brief findet sich nirgends, Karen und Rob aus Australien sind schon seit mehr als einer Woche da und warten ebenfalls auf ihre Post. Gleich Montag früh begibt sich Martin auf die Mission „Post finden“. In der Marina ist sie nicht, unser Agent versichert, die Briefe verschickt zu haben. Des Rätsels Lösung liegt in der Inselhauptstadt Mataram. Dort befindet sich eine Firma, zu der auch die Marina gehört. Und genau dort schlummert die Post von allen vor sich hin. Dienstag machen wir uns gemeinsam mit Karen und Rob auf den Weg. Ahmed, unser Taxifahrer bringt uns auf Anhieb zu den richtigen Stellen. Zunächst erhalten wir die notwendigen Briefe vom Agenten und von dort geht es gleich zur Immigrationsbehörde. Im Amt ist auf der stark muslimisch geprägten Insel langes Kleid und lange Hose sowie Schulterbedeckung Pflicht und alle schwitzen vor sich hin. Immerhin ist es dann im Gebäude durch die Klimaanlage so kalt, dass wir fast zu frieren beginnen. Zur Korruptionsbekämpfung darf in der Behörde kein Bargeld angenommen werden, Kartenzahlung ist auch noch nicht etabliert, so gehen wir zur gegenüberliegenden Bank um die Visagebühren für das Amt bar einzuzahlen. Die Belege von der Bank landen auf dem Schalter der Behörde und wir fragen, wann wir unsere Pässe wiederbekommen, die wir zur Visumsverlängerung hier lassen müssen. Vor Montag geht gar nichts, die drei Tage bis Freitag reichen nicht aus. Es dauert so lange es dauert. 

In der Zwischenzeit lassen wir unsere Wäsche waschen, kaufen ein und putzen Infinity, die unter monatelanger Trockenheit außen schon dringend eine Spülung benötigt. Wir freuen uns schon riesig, denn morgen kommen Anna-Maria und Werner aus Österreich zu Besuch um mit uns eine Weile zu segeln. Zum mittlerweile dritten Mal kommen sie an Bord und wir haben gleich wieder Spaß. Der Dialekt, die Redewendungen von zuhause fehlen uns sehr, viele Witze funktionieren nicht in Fremdsprachen. Da kommt gleich ein wenig Heimat mit an Bord. Werner hat sein Gepäck klein gehalten, um Platz für unsere Ersatzteile zu haben. In seiner Reisetasche befindet sich die Reisetasche von unseren Eltern angefüllt mit Zinkanoden, Impellern, Medikamenten und anderem Kleinkram. Wir fühlen uns ein wenig wie zu Weihnachten und genießen die mitgebrachten Manner-Schnitten, mit denen keine Schokoschnitte auf der ganzen Welt mithalten kann. 

Zunächst erkunden wir Lombok mit dem Auto. Unser Fahrer Ahmed, der uns schon sicher nach Mataram gebracht hat, macht mit uns auch die Fahrt ins Landesinnere. Dazu müssen wir über einen kleinen, aber recht steilen Pass fahren. Am Straßenrand sitzen viele Makakenfamilien. Affen, die von den weggeworfenen Lebensmitteln aus vorbeifahrenden Fahrzeugen leben. Zu nahe sollte man ihnen nicht kommen, da sie aggressiv werden können, insbesondere wenn sie Lebensmittel sehen oder riechen. Unser erstes Ziel sind der Stokel und der Kelambu Wasserfall in Aik Berik. Sie sind UNESCO Weltnaturerbe. Durch die Auffaltung der australischen und der asiatischen Platte haben sich Stufen im Gestein gebildet, aus denen Wasserfälle hervortosen. Für den Weg benötigt man einen Guide, der uns treppauf-treppab durch den Dschungel führt. Er erklärt uns einiges über die Pflanzen und Anna-Maria und Kerstin erhalten einen Haarkranz aus Farn, den sie brav während der ganzen Tour tragen. Touristinnen ist es nicht erlaubt, einen Badeanzug zu tragen, der keine langen Ärmel und Hosenbeine hat, sodass wir einen Sarong zum Schwimmen bei den Wasserfällen bekommen. Das Wasser aus den Bergen ist kühl genug zum Erfrischen.

Vom Guide erhalten wir noch kleine süße Früchte, die an Litschis erinnern und beschließen, den Rückweg auf Mopeds zu bewältigen. Abenteuerlich werden wir mit den nicht sehr vertrauenserweckenden Mopeds inklusive Chauffeur über tiefe Schlaglöcher zurück zum Ausgang gefahren und gönnen uns eine Trink-Kokosnuss samt Bananen an einem der vielen Verkaufsstände. Eine stachelige Frucht, die Durian heißt, wird überall am Straßenrand angeboten. Unser Guide öffnet uns eine Frucht zum Kosten, wobei sich ein Duft verbreitet, der den deutschen Namen „Stinkfrucht“ erklärt. Die Frucht selber ist sehr schmackhaft, von außen wehrhaft stachelig. 

Weiter führt uns unsere Tour in die Landesmitte nach Tetebatu, einer kleinen Stadt mit einem Affenwald. Ahmed bringt uns gleich zum Wald auf der Anhöhe, womit unsere Erkundungstour stetig bergab geht. Zu Beginn des Waldes erspähen wir die seltenen und scheuen schwarzen Affen, für die der Wald bekannt ist. Danach geht es weiter zu den Reisterrassen. Von der Saat bis zur Ernte benötigt Reis vier Monate. Dessen Ähre erinnert ein wenig an Hafer. Bis zu drei Ernten pro Jahr sind möglich. Die in Stufen angelegten Reisterrassen werden bewässert, damit die Pflanzen immer im Wasser stehen. So gedeihen sie am besten. Am Beginn wachsen die Reispflanzen mehrere Zentimeter pro Tag. Die Arbeit ist zeitintensiv und mit hohem Wasserverbrauch behaftet. Neben Reis werden auch Früchte wie Bananen, Maracujas, Mangos und Papayas angebaut, dazu Gemüse und auch Gewürze wie Nelken, Muskatnuss, Pfeffer, Kardamon; auch Kaffee, Kakao und Vanille. 

Wir kehren in einem kleinen Café ein und trinken Muskatblütentee, sowie eine Kaffeemischung, deren Bohnen mit Vanille und Kakao geröstet wird. Natürlich kann man all die Köstlichkeiten auch kaufen und wir ziehen mit einigen genießbaren Souvenirs weiter. Am Heimweg werden wir in einem kleinen Dorf angehalten und nur langsam durch die Straße gelotst, da dort eine Hochzeit gefeiert wird. Braut und Bräutigam schreiten in goldenen Gewändern gehüllt auf der Straße langsam aufeinander zu – mit großem Gefolge und riesigen Lautsprechern mit entsprechend lauten Gesängen. Sowohl Braut als auch Bräutigam haben eine Band bei sich, die natürlich nicht das gleiche Lied spielt. Man kann sich ungefähr vorstellen wie das klingt. Ahmeds Auto macht schließlich kurz vor der Passhöhe schlapp und meldet Überhitzung. Mit einer kleinen Pause für den kochenden Kühler schaffen wir es schließlich zurück in die Medana Bay.

Am nächsten Tag gehen wir es ruhiger an. Der Wildlife-Park steht auf dem Programm. Ein Guide begleitet uns durch den Zoo. Zunächst erwerben wir Früchte- und Gemüsekörbe zum Füttern. Dann geht es zu den Elefanten. Die Dickhäuter genießen das Bad mit den Touristen und posieren brav für Fotos. Kiki und Kaka sind Orang-Utans, die mit Touristen spielen. Auf einem Podest haben sie eine Stange und ein Seil zum Schwingen. Kiki kennt das Prozedere und setzt sich zum Gruppenfoto. Rasch erklärt sie den Spaß für beendet und posiert fürs Abschlussfoto auf Martins Schoß. 

Im sehr schön angelegten Safaripark warten Papageie, Kakadus und weitere Vögel am Wegesrand auf die Obstkörbe der Touristen. Der große Leguan Marcel und mehrere Würgeschlangen lassen sich gerne kraulen. Unser Guide erklärt uns, dass die Krokodile nach Menschenattacken eingefangen und in den Zoo überstellt werden. Ein Vier-Meter-Exemplar sitzt genau deshalb gerade hier in Haft – gruselig. Nachdem wir die Leckereien für die Tiere verfüttert lassen wir den Abend im Pool eines nahegelegenen Resorts ausklingen.

Am nächsten Tag verholen wir uns zum nächsten Ankerplatz bei der winzigen Insel Gili Air. Es ist eine von drei eng beieinander liegenden Inseln. Hier gibt es im Gegensatz zu den lauten stinkenden Mopeds und Autos von Lombok, Fahrräder und Pferdewägen. Kleine Geschäfte und Restaurants säumen die engen Gassen; es geht bunt und lebhaft zu. Ständig werden von unterschiedlichen Fähren Touristen auf die Insel gespuckt und wieder eingesammelt. Neulinge mit nobler Blässe treffen auf gebräunte Rucksacktouristen und Ressortgäste. Die Saison ist eigentlich mit Ende Oktober vorbei, da dann die Regensaison beginnt. Die lässt zwar noch auf sich warten, trotzdem hält sich die Anzahl der Touristen in Grenzen. Auch hier dürfen wir die Swimmingpools mitbenutzen, genießen zur Happy Hour einen Cocktail und schlemmen Thunfisch vom Feinsten. Am Montag machen wir uns mit einer Fähre zurück auf den Weg nach Lombok, wo unser Fahrer mit repariertem Auto wieder auf uns wartet, um unsere Pässe in Mataram abzuholen. Das geht auch ganz fix. Wo wir schon mal da sind, können wir auch ein wenig Sightseeing betreiben. Gegenüber der Immigrationsbehörde befindet sich die größte Moschee von Mataram. Mit geborgter Kleidung dürfen wir die Moschee von innen besichtigen. Wir erfahren Interessantes über das Gebäude und den muslimischen Glauben, sind aber froh, als wir unsere heiße Verkleidung wieder abnehmen dürfen. Eine weitere Sehenswürdigkeit ist das kleine Museum über die Entstehung von Lombok und dessen Geschichte. Martins straffer Zeitplan beinhaltet auch noch einen Hindu-Tempel und einen chinesischen Tempel samt Friedhof. 

Auf dem Weg zurück zur Fähre halten wir für einen Obsteinkauf an und gehen zwei Minuten vor Abfahrt der Fähre an Bord. Dieses Boot hat schon bessere Zeiten gesehen. Die Motoren wollen nicht anspringen. Die Crew ist aber entspannt und der kleine Sohn des Kapitäns sitzt auf dem Steuersitz. Als die Motoren beim Anlegen wieder versagen, kracht die Fähre vorne auf den Steg. Scheint nichts Gröberes passiert zu sein, denn die Fähre läuft gleich wieder aus zur nächsten Insel. Wir freuen uns jetzt auf unsere nächste Destination – Bali.

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