Neuseeland – der Norden der Südinsel

Die Überfahrt mit der Fähre ist unspektakulär, auch wenn wir uns anfangs fragen, wie sich dieses für uns unübersichtliche Fahrzeugchaos beim Rausfahren wieder auflösen soll. Der Landepunkt Picton hat laut Reiseführer keine Besonderheiten zu bieten, sodass wir direkt nach Blenheim fahren. Das ist der zentrale Ort der Weinbauregion Marlborough. Außerdem haben wir dort einen dringenden Putztermin für unseren Campervan, der von der Firma hier nachgeholt wird. Blenheim selbst braucht man nicht wirklich gesehen haben. Dafür gibt es allerdings in direkter Reichweite das Omaka Aviation Heritage Centre. Es befindet sich an einem kleinen Flughafen. Sir Peter Jackson, der Macher von Herr der Ringe, hat das Museum gestaltet. Dies ist ihm absolut gelungen. Es gibt eine Ausstellung über den ersten und eine über zweiten Weltkrieg. Die Flugzeuge vom ersten Weltkrieg sind hervorragende Repliken, vom zweiten zum Teil originale Flugzeuge, die restauriert wurden. Auch sind einige noch flugfähig und werden bei diversen Flugshows geflogen. Mit Wachsfiguren in Szene gesetzt, bekommt man einen kleinen Eindruck vom damaligen Fliegerleben. Auch möchten wir ein Weingut besuchen, nachdem wir uns hier mitten in einer der größten Anbaugebiete befinden. Dort gibt es Flaschen in allen Größen, allerdings nicht in allen Preisklassen. 

Weiter geht es Richtung Süden. Die Insel ist noch lang und es gibt viel zu sehen. Daher fahren wir nach Kaikōura, einer Stadt, die bekannt dafür ist, dass man zu jeder Jahreszeit Pottwale und Delfine beobachten kann sowie verschiedene Albatros-Arten. Auf der Küstenstraße gibt es immer wieder Aussichtsbuchten, wo man Seehunde beobachten kann. In Kaikōura stellen schnell wir fest, dass das freie Campen in Neuseeland nicht ganz so frei ist. Es sind in diversen Apps spezielle Plätze für Camper angegeben. Diese sind allerdings praktisch immer voll, sodass man durch die Stadt irren muss um Plätze zu finden, wo über Nacht das Campen nicht ausdrücklich verboten ist. Die Strafen fürs Falschparken über Nacht sind drakonisch. Das Wetter spielt leider nicht mit, es regnet in Strömen. Damit fällt auch eine Whale-Watching-Tour aus. Macht nichts, wir haben ja vom Schiff aus schon Wale und Delfine gesehen. In der Nacht schüttet es aus Kübeln, durch den Deckenventilator rinnt das Wasser nur so in den Camper rein. Nichts wie weg, da fahren wir gleich weiter nach Henmar Springs zu den heißen Quellen und verbringen den Tag in einer Therme mit 38 Grad heißem Wasser. Herrlich.

Nächsten Tag geht es weiter nach Christchurch, der zweitgrößten Stadt Neuseelands mit 340.000 Einwohnern. Christchurch liegt auf einer erdbebengefährdeten Stelle. Das letzte war im Februar 2011 und hat zirka 80% der Stadt zerstört. Viele Gebäude sind noch gesperrt, müssen abgerissen werden. Die katholische Kathedrale ist komplett abgerissen worden und durch eine vorrübergehende „Kartenhaus“-Kathedrale ersetzt worden, welche tatsächlich wie ein Kartenhaus ausschaut. Historische Gebäude erinnern an England und Schottland. Wir besichtigen auch ein christliches Jungeninternat. Der Speisesaal sieht ein wenig aus wie jener in Harry Potter’s Hogwarts.

Interessant ist das Canterbury Museum direkt daneben. Ausgestorbene Tiere und Maori-Kultur wird ausgestellt. Ebenso die Geschichte der europäischen Siedler; sehr schön gemacht und noch dazu gratis. Als drittes Museum schauen wir uns das Museum „Quake City“ an, wo die Geschichte der Erdbeben gezeigt wird und die Bauweise der neuen Gebäude erklärt wird. Für Architekten ist die Stadt ein Paradies. Die meisten Gebäude sind zeitgemäße Architektur. Es gibt noch viele freie Flächen um wieder Neues zu schaffen. Für die Bevölkerung ist das Beben natürlich eine Katastrophe gewesen. Es gab mehr als 180 Tote zu beklagen und auch viele Verletzte. Es gibt eine kleine historische Straßenbahn, die durch die Innenstadt fährt und die einzelnen Plätze und Gebäude werden durch den Lenker erklärt. Sonntags spielt eine zirka 70 jährige DJ Dame mit Vinyl-Plattenspielern Soul in voller Lautstärke von einem Lokal aus über die Straße. Die Sympathie aller Passanten kann man an den überrascht begeisterten Gesichtern ablesen.

Bei schönem Wetter machen wir einen Abstecher nach Akaroa, 80 Kilometer von Christchurch entfernt auf einer Halbinsel. Der kleine Ort ist von Franzosen gebaut worden. Eines der Highlights dort ist die größte Kolonie von Pohatu Pinguinen, den kleinsten Pinguinen der Welt, die nur 30 cm groß werden. Wir entschließen uns, eine abendliche Führung im Pohatu Marine Reserve zu buchen mit Übernachtung in einem Bauernhof zwischen Schafen direkt am Strand der Bucht. Unser Guide Kevin aus Frankreich erzählt mit seinem Akzent begeistert von den Pinguinen, er hat Biologie studiert und ist bei „seinen“ Pinguinen in seinem Element. Die Pinguine werden von der Familie seiner Frau und ihm bei der Aufzucht unterstützt, sie bekommen Nistkästen mit einem Deckel, den sie regelmäßig zur Kontrolle öffnen. Kranke Tiere können dadurch behandelt werden, noch dazu werden sie so vor Feinden geschützt.

Kevin erzählt, dass es in dieser Gegend viele Hasen gegeben habe, woraufhin man auf die Idee gekommen ist, Räuber wie Mader, Wiesel und ähnliches auf die Halbinsel zu bringen. Was man nicht bedacht hat, ist, dass die Räuber sich die leichteste Beute aussuchen. Die Hasen waren schnell, die Pinguine an Land langsam, so standen sie auf der Speisekarte der importierten Räuber ganz oben. An vielen Stellen sind Fallen für die Räuber aufgestellt. Schafe verhindern, dass das Gras zu hoch wird, worin sich die Räuber gerne verstecken.

Zu Beginn der Tour dürfen wir noch Schafe füttern und Lämmer mit Milch versorgen. Dann bekommen wir drei Pinguin Küken zu sehen indem der Guide einen Deckel einer Pinguinbehausung öffnet. Allerdings nur kurz, um die Kleinen nicht zu irritieren. Die Tour findet bei beginnender Dämmerung statt, da zu diesem Zeitpunkt die erwachsenen Pinguine aus dem Meer aufs Land zurückkommen, die Kleinen füttern und es sich in ihren Behausungen gemütlich machen. Tatsächlich sieht man in der Ferne große Gruppen der winzigen Pinguine, die sich langsam Richtung Land aufmachen. Mit den kurzen Beinen und dem hängenden Bauch davor ist es gar nicht so einfach die Felsen raufzuklettern. Mit einem Fernglas kann man dies gut beobachten.

Besonders überrascht werden wir von unserer Unterkunft in der Bucht. Wir bekommen einen „Zigeunerwagen“ zugeteilt, etwas größer als unser Van, allerdings befinden sich WC und Dusche in einem anderen Gebäude. In der Nacht ist es gar nicht leicht, den Schafshinterlassenschaften auszuweichen, die Schafe haben sich zumindest etwas zum Schlafen zurückgezogen. Alternativ kann man auch ein Baumhaus buchen, das ist allerdings besetzt. Der Wagen hat keinen Strom und keine Heizung, aber er ist gemütlich. Den Abend beschließen wir im Gemeinschaftsraum mit einem Glas Wein und freuen uns über die Nähe zur Natur, auch wenn uns manchmal unsere Infinity fehlt und bei den vorherrschenden Temperaturen der rasche Weg zurück in die Tropen sehr verlockend erscheint.

2 Kommentare

  1. Bin spät eingestiegen und beim Nachlesen hänge ich noch 2020 fest. Aber jetzt muss ich vorspringen.
    Also. Lasst euch in Neuseeland alle Zeit der Welt. Es is so toll dort. Wir hatten nur 5 Wochen und das war zu wenig. Der süßeste Campingplatz war in meinen Augen Manapouri. Das alte Ehepaar hat lange in Österrixh gelebt und die wollten ein Stück in ihre heimat mitnehmen. Und rausgekommen is ein witziger Campingplatz. Toller Startpunkt für den Doubtful Sound. Super Panorama beim Frühstück.
    Ach und sonst war auch alles so toll und wir haben beschlossen, dass wir zum 25. Hochzeitsjubiläum wieder kommen.
    Es war toll von oben bis unten. Probiert euch durch die tollen Cider durch. Schaut euch die Blue Penguins in Oamaru an – dort hatten wir auch eine Weihnachtsparade im Ort gesehen. Etwas schräg in kurzen Hosen 🙂
    Unbedingt zur Basstölpel Kolonie fahren. Die einzige auf einem Festland.
    Trinkt Wein und esst mal Lamm dort. DP viel besser als bei uns. Auch Butter Käse und Milch sind so viel besser als bei uns. Und erst die Schokolade.

    Ihr seht schon. Es hat uns dort sehr gefallen.

    Viele schöne Erinnerungen. Ich bleib dran.
    LG Lichtenthal Kristina

Kommentar verfassen