Wir beginnen unseren Urlaub zunächst in Auckland mit einem Hotelbesuch. Die Dusche hat ausreichend warmes Wasser, es gibt Frühstück und aufräumen müssen wir auch nicht. Heute Abend bummeln wir durch die Stadt und besuchen ein paar Lokale. Zum Schluss bleiben wir direkt neben dem Hotel im Dingdong hängen, einer Bar mit Musik zum Headbangen und nettem, äußerst gemischten Publikum. Wir sind wohl die Ältesten, aber es gibt auch Leute, die aussehen als kämen sie gerade von einem Ball, Männer mit Mähnen und Damenschuhen, Punks und vielen mehr. Versteht sich von selbst, dass wir an diesem Abend zu den letzten Gästen gehören. Am nächsten Morgen haben wir ein kleines bisschen Kopfweh. Macht nichts, wir freuen uns schon auf unser neues Abenteuer, mit dem Campervan durch Neuseeland zu gondeln.






Mit dem Taxi wollen wir zum Verleiher der Campervans los, als wir per Mail erfahren, dass unser Camper erst zwei Stunden später fertig wird. Kein Problem, schauen wir uns noch Auckland von oben an. Der Skytower ist 328 Meter hoch und hat drei Aussichtsplattformen. Er ist der höchste Fernsehturm der südlichen Hemisphäre. Auf 182 Meter haben wir einen schönen Rundumblick über Auckland.
Pünktlich sind wir bei Jucy, bei dem wir unseren grasgrünen Camper abholen. Vor uns warten noch einige Leute auf ihren Van. Uns wird erklärt, dass sie noch 10 Minuten brauchen um den Wagen fertig zu machen. Der Kühlschrank habe ausgetauscht werden müssen. Gut, dann haben wir eben einen neuen Kühlschrank. Die 10 Minuten haben dann tatsächlich mehr als 3 Stunden gedauert. Dann ist der bestellte Heizlüfter nicht da, die Campingsessel und Tische sind leider aus und ein Rad schaut so aus, als würde nicht mehr viel zu einem Reifenplatzer fehlen. Die Pumpe von der WC-Spülung ist verschwunden. Wir fragen nach dem Chef. Der entschuldigt sich für die Unannehmlichkeiten, streicht für einen Tag die Mietgebühr und lädt uns zum Abendessen ein. Wir sollen essen gehen und die Rechnung aufheben. Das machen wir glatt. Zuerst muss es allerdings los gehen. Wir steigen ein und stoßen uns erst einmal überall an. Wie sollen wir da nur unser Gepäck reinkriegen? Ein paar Kleinigkeiten für das Frühstück eingekauft und schon folgen wir den ganzen Geisterfahrern auf der linken Seite. Der Camper hat 300.000 km auf dem Buckel. Diese sind nicht spurlos am Auto vorübergegangen und wir gehen es langsam an.
Nach der ersten Probefahrt suchen wir uns ein schönes Restaurant. Heute werden wir schlemmen, zahlt doch der nette Herr Jucy die Rechnung. So fahren wir gesättigt durch die Dunkelheit nach Hobbiton, einem Drehort für die „Herr der Ringe“ Filme und parken direkt beim Tourstart für die Führung. Der Parkplatz ist für Camper jeder Größe gemacht. Hier ist es meist nicht verboten, einfach so stehenzubleiben, wenn man einen Campervan mit Wassertank und Schwarzwassertank hat. Bisher sind wir vorne im Auto gesessen mit Heizung und Platz für die Füße. Jetzt klemmen wir uns nach hinten. Die Taschen werden provisorisch gestapelt, das Bett unter dem Dach hergerichtet. Der Weg zum WC wird freigemacht und eine Stirnlampe mitgenommen. Das Licht schaltet man mit einer zentralen Sicherung ein. Am Bett findet sich kein Schalter. Es ist wieder einmal kalt. Martin hat schon Halsweh und Husten und gewinnt immer mehr den Eindruck, dass Campen wohl nicht zu seinen Lieblingsreisearten werden wird. Kaum ist der eine eingeschlafen, dreht sich der andere um, um gegen die Decke oder Wände zu schlagen. So halten wir uns für eine Zeit gegenseitig munter.
Nächsten Morgen warten die Hobbits schon auf uns. Während Kerstin noch in der Küche die Zähne putzt, macht Martin schon mal Platz und geht Tickets für die Führung kaufen und einen Kaffee besorgen. Zu zweit kann man sich im Van nicht bewegen. Regenwetter ist wieder angesagt. Martins Wetter-App sagt weniger Regen als Kerstins an. Wir haben zwar beide die gleiche App und das gleiche Telefon aber offenbar wird durch das Update des Betriebssystems bei Martins Handy das Wetter besser. Stimmt aber halt leider nicht. Wir hinterfragen solche Ungereimtheiten nicht mehr und akzeptieren einfach, dass vieles kaputt aktualisiert wird.
Das dörfliche Filmset der Außenaufnahmen von „Herr der Ringe“ und „Der Hobbit“ ist weltberühmt. Die Dreharbeiten für die „Herr der Ringe“ Trilogie haben drei Monate und für „Der Hobbit“ zwölf Tage gedauert. Die Bauarbeiten für die 42 Hobbitlöcher samt Gärten, Pub und Mühle haben zwölf(!) Jahre gedauert. Nach drei Monaten Dreharbeiten für Herr der Ringe wurde die Kulisse wieder abgebaut und für die Hobbit Trilogie wieder aufgebaut. Schließlich wusste man damals noch nichts von der Fortsetzung. Man hat sich danach darauf geeinigt, das Dorf als Touristenattraktion stehen zu lassen. Die Häuser sind nur als Außenkulisse gebaut worden, die Innenaufnahmen für die Filme sind in Wellington im Studio gedreht worden. Am beeindruckendsten sind die Gartenanlagen mit Gemüse, Kräuter und Blumen, die Bäume stehen in voller Blüte. Die Häuser sind liebevoll und detailreich hergerichtet worden, sodass es einen kaum erstaunen würde, wenn Frodo oder Bilbo Beutlin um die Ecke kämen. Trotz Regen ein tolles Erlebnis. Der Besucherandrang ist riesig und unser Tourguide war selbst als Hobbit bei den Dreharbeiten als Statist dabei. Man durfte sich bewerben, wenn man kleiner als 1,56 Meter groß war. Die neuseeländische Armee wurde als Orc-Krieger verpflichtet. Der Aufwand für den Film ist schier unglaublich. Es waren bis zu 400 Personen samt Catering am Set. Nicht nur Personenanzahl, Dorf, sondern auch die Tricks, die angewendet wurden, um Gandalf groß und die Hobbits klein aussehen zu lassen. Dazu wurden Hobbitlöcher in verschiedenen Größen gebaut, damit man die Schauspieler davor entweder klein oder groß aussehen lassen konnte. In der Szene, als Gandalf mit den Hobbits am Wagen in das Dorf reitet, wurden die Hobbits drei Meter hinter Gandalf auf dem Wagen postiert, damit Gandalf groß und die Hobbits klein aussehen. Im Film sieht es aus, als würden die Hobbits ganz nah bei Gandalf sitzen.















Am nächsten Tag geht es nach Rotorua, einer kleinen Stadt am gleichnamigen See. Rotorua und Umgebung sind bekannt für ihre vulkanische Aktivität. Hier treffen die australische und die pazifische Platte aufeinander. Die Aktivität kann man gleich bei der Einfahrt in die Stadt sehen und riechen. Der Schwefelgeruch ist praktisch überall. Die Stadt selber hat nicht so viel zu bieten.
In Rotorua ist es erst einmal kalt und es regnet. Es gibt zwei ausgewiesene Stellen in der Stadt, wo man gratis mit dem Camper bleiben kann. Der erste Parkplatz ist voll, der zweite liegt weniger zentral. Aber die Stadt ist nicht groß und als uns die Kälte aus dem Van treibt, finden wir mit Regenschirm bewaffnet sofort eine kleine überdachte Fressmeile. Als erstes suchen wir uns ein Lokal aus, wo wir einen Platz unter einem Heizstrahler finden. Wir versuchen Schuhe und Jacken zu trocknen und trinken dazu Tee.
Am nächsten Morgen stellen wir erfreut fest, dass die Sonne herausgekommen ist. Damit hebt sich die Laune beträchtlich. Wir spazieren durch die Government Gardens. Hier im Frühling blühen große Rhododendren in allen Farben. Alle möglichen Pflanzen von zuhause finden sich ebenfalls hier. Von Kapuzinerkresse, Ringelblumen, Lavendel, Fingerhut, Azaleen über riesige Ginstersträucher finden sich auch die schönsten Rosen.
Aber nicht nur die Fauna und Flora ist multikulturell, auch die Bevölkerung ist bunt gemischt. Am einfachsten kann man dies an den Restaurants feststellen. Chinesen, Thais, Inder zeigen den Einfluss der asiatischen Einwanderer, natürlich fehlt auch nicht die ursprüngliche Küche der Maori. Auf der anderen Seite finden sich Engländer, Italiener, Deutsche, Franzosen, Skandinavier und auch Türken. So bekommen wir seit mehr als einem Jahr wieder einen Döner! Aus den umliegenden pazifischen Inseln, besonders Fidschi, Samoa und Tonga haben sich auch viele Menschen angesiedelt, da es hier Arbeit gibt. Erntehelfer kommen saisonal und reisen nach getaner Arbeit wieder ab. Manche bleiben für immer.







Um die Kultur der Maori kennenzulernen und einen Geysir zu sehen, fahren wir nach Whakarewarewa, kurz Whaka, auch Te Puia genannt. Die Wörter und die Sprache sind für uns kaum auszusprechen und noch weniger zu merken. Dabei hat ein Deutscher die Schriftsprache entwickelt, womit die Aussprache nicht ganz unähnlich unserer ist. Ein Guide begleitet uns in einer kleinen Gruppe durch das Gelände, erklärt uns einiges aus seiner Kultur und bringt uns zu einem kleinen Kiwi-Gehege. Die kleinen Vögel sind nachtaktiv, so können wir einen in einem abgedunkelten Bereich beobachten. In freier Wildbahn sind sie kaum zu sehen.
Wie auch viele andere Vögel haben sie sich in Neuseeland im Laufe der Zeit an die Inselwelt angepasst. Früher gab es praktisch keine Raubtiere, womit diese Vögel ihre Flugfähigkeit verloren haben, die Flügel sind verkümmert. Die Kiwis sind dazu auch extrem geschrumpft, sie waren früher den Straußenvögeln in der Größe sehr ähnlich. Beim Schrumpfprozess hängt die Verkleinerung ihrer Eier etwas hinterher, sodass das Eierlegen für die Kiwidamen ein ziemlich mühsamer Prozess ist. Mittlerweile werden 95 % der Kiwis und insbesondere Küken von Feinden gefressen. Die gibt es zuhauf. Hund, Katze, Ratte, Opossum, Raubvögel, Möwen und sogar Mäuse haben die Kiwis auf dem Speiseplan. Daher gibt es überall im Land Aufzuchtstationen, wo die Küken so lange aufgezogen werden, bis sie in freier Natur eine Chance aufs Überleben haben.
Beim Rundgang wird die Luft allmählich schwefelhaltig. Hier gibt es verschiedene vulkanische Aktivitäten zu sehen, die den Reiz der Umgebung ausmachen. Zunächst kommen wir zu einem Schlammpool, welcher bei ca. 100 Grad vor sich hin köchelt, dann kommen dampfende Tümpel, welche von bizarren geologischen Formationen begleitet werden. Ein kleiner Geysir bricht dann auch pünktlich vor unserer Nase aus. Überall ist es vom Boden her warm. Kalte Füße kriegt man nicht. Im Anschluss werden wir durch die Werkstätten der Maori-Künstler geführt. Am Sonntag wird zwar wenig gearbeitet, aber an jeder Station wird uns erklärt, wie die Kunststücke entstehen. Dort werden auch Workshops angeboten. Jade und Walknochen werden zu Schmuck verarbeitet. Aus Holz werden Skulpturen und historische Kriegsgeräte gemacht, aus Palmenfasern Bekleidung hergestellt. Wirklich sehr schöne Dinge, allerdings groß und teuer. Beides ist für unser Bootsleben nicht geeignet.
Abenteuer im Campervan, ich vermute ihr vermisst eure Infinity schon nach zwei Tagen🤓