Scotty – Energie! Und Wasser, und Information!

So ein Schiff ist etwas herrliches. Für einige Wochen autark sein zu können verschafft uns die Freiheit, die Welt in einer besonderen Weise zu entdecken.

Damit das möglich wird, müssen wir uns um Energie, Wasser und Information in einer besonderen Weise kümmern. An Land verschwendet man an diese Dinge kaum viele Gedanken, weil Strom aus Steckdose, Wasser aus Leitung und Informationen aus Luft – sprich Internet aus Mobilfunknetz – kommt. All das gibt es in einem Schiff auf See so nicht.

Energie beziehen wir aus Solarpanelen und von den Lichtmaschinen der Motoren – so sie denn laufen. Theoretisch müssten wir mit 300 Watt Peak Solarpanelen und 450 Ampere Stunden Batterien energiemäßig weitgehend autark sein. Leider müssen wir erfahren, dass wir gerade mal 4 Tage und Nächte bei Sonnenschein schaffen ohne eine Lichtmaschine mit dem entsprechenden Motor und dazugehörigem Diesel zu bemühen. Da ist an den zusätzlichen Energieverbrauch des Wassermachers noch gar nicht zu denken. Wir gehen also auf Fehlersuche. Solar-Laderegler gecheckt, Kabel gecheckt, Panele gecheckt, Batterie-Monitoring gecheckt – alles scheint in Ordnung. Warum kommt dann statt mindestens 5 Ampere an einem sonnigen Tag zu Mittag im Süden bloß ein Drittel an Strom rein?

Bestes Werkzeug für die Analyse: ein Handtuch. Je eines oder zwei der drei Solarpanele abgedeckt und siehe da die Erkenntnis: nur eines der drei Panele liefert Strom. Also Plafond im Salon teilweise abmontiert, 12 Kabel rausgezogen, abgetrennt und einzeln durchgemessen, alles normal. Panele noch einmal gecheckt und da haben wir es: sobald man einen Verbraucher an die beiden streikenden Panele hängt, bricht die Spannung auf die Hälfte zusammen. Fehler gefunden aber reparieren können wir die Panele selber nicht, denn dafür braucht es etwas mehr als einen Tanzkurs und einen Führerschein was so ziemlich die gesamte Fülle unserer Elektrik-Ausbildung darstellt. Also wenden wir uns an einen hiesigen Boots-Elektriker. Er ist ohnehin der einzige im Umkreis von 50 km, also fällt uns die Wahl nicht schwer. Leider spricht er keine Fremdsprachen und so kommen wir zum nächsten Thema: Information.

Information ist an Bord durch schwere Bücher oder federleichtes Internet zu bekommen. Zu viele schwere Bücher vermeidet man heutzutage gerne auf Schiffen weil sie durch ihr Gewicht das Verhalten des Schiffs auf See negativ beeinflussen. Trotzdem haben wir einige dieser schweren Ratgeber dabei. Leider ist darunter kein Vokabelwerk montenegrinisch – deutsch. Jetzt ist das mit dem Internet so eine Sache. Auf hoher See geht das zwar mit Satellit aber es kostet ein Vermögen. Man glaubt ja nicht was so ein genügsam schwebender Satellit im All für Unsummen verschlingt. Deshalb haben wir über Satellit nur ein Mini-Abo für Telefonie im Notfall und den Wetterbericht. Also wieder kein Übersetzungsdienst. Nachdem wir uns derzeit in Landnähe befinden, schauen wir auf unser Mobiltelefon. Netzwerk ist verfügbar aber und jetzt Achtung: teurer als vom Satelliten! Wie kommt das? Beim Einreisen in Montenegro bekommen wir von unserem österreichischen Mobilfunkanbieter “Drei” ein SMS mit den Kosteninformationen für Datenroaming außerhalb der EU: EUR 5,- pro MB. In Montenegro bekommt man im erstbesten Mobilfunkladen eine Daten-Simkarte mit 1.000 GB Guthaben um EUR 10,-. Wenn man diese 1.000 GB mit unserem Drei-Vertrag aus Österreich verbrauchten, würde das läppische 5 Millionen Euro kosten. Da denkt man dann schon an einen eigenen Satelliten. Aber Raumfahrt ist wieder was anderes. Und auf einem Satelliten sind noch viel mehr Solarpanele, also bleiben wir lieber bei der Seefahrt. Internet nutzen wir in Landnähe mit lokalen Sim-Karten und auf See mit Satellit nur für kurze Telefonate und den Wetterbericht, damit der Konkursrichter sein Messer stecken lässt.

Jetzt bin ich vom Thema abgekommen. Wir waren beim Übersetzen von Schiffen und jetzt im Speziellen von deutsch auf montenegrinisch. Also in Landnähe das Smartphone mit dem Übersetzungs-App gezückt und eingetippt, per WhatsApp an den Elektriker gesendet und die Völkerverständigung ist hergestellt. Tolle Sache. Wir vereinbaren einen Termin und sind gespannt. Der Elektriker kommt pünktlich und nimmt alle Schritte vor, die wir zuvor gemacht haben. Allerdings hat er auch ein Amperemeter was die Sache sehr erleichtert. Nach zwei Stunden Arbeit kommt er zum gleichen Ergebnis wie wir: zwei Solarpanele sind kaputt. Leider hat er keinen Ersatz parat. Auf die Frage nach dem Preis für seine Arbeit antwortet er: „Natürlich nichts, ich habe ja nichts repariert!“ Ich will ihm Trinkgeld geben aber keine Chance, er nimmt es nicht. Wenn alle Handwerker diesen Stolz hätten… Das imponiert mir unheimlich und ich bitte ihn, Kosten und Zeit für Ersatzpanele zu erheben. Es ist Freitag Abend und er meint: „Wird nicht einfach aber am Montag spätestens weiß ich Bescheid.“

Um zum Ort des Termins mit dem Elektriker zu kommen verbrauchen Segelschiffe in der Regel Luft oder Diesel. Wenn die bewegte Luft – also der Wind – sich einmal ein Päuschen gönnt, bleibt uns nur Diesel als Antrieb für das Schiff. Ohne Termin hat man den Luxus, auf Wind aus der richtigen Richtung warten zu können. Mit Termin leider nicht. Diesel tanken wir an Tankstellen, die es in beinahe jedem Hafen gibt. Wir fahren in der Regel mit einem der beiden Motoren und einer verbraucht pro Stunde knapp 3 Liter. In einer Stunde kommen wir je nach Bedingungen 5 bis 6,5 Seemeilen pro Stunde. Das sind also 27 Liter für 100 km in der Sprache der Autofahrer. Strom in die Batterien nebenher inklusive. Zugegeben, das erscheint jetzt nicht wenig aber es ist ja nicht der Hauptantrieb sondern meistens verbrauchen wir mit Wind eben 0 Liter auf 100 km. In unseren Dieseltank passen 300 Liter. Unsere Reichweite mit Motor-Marschfahrt beträgt also ca. 1.100 km was knapp einem Drittel der Atlantikpassage entsprechen würde. Das letzte Mal haben wir in Trogir vor drei Monaten getankt und der Tank ist noch mehr als halb voll. Diesel sollte also kein größeres Problem darstellen.

Wo Segelschiffe Luft oder Diesel verbrauchen, verbrauchen Menschen auch Luft aber zusätzlich Wasser und etwas Nahrung. Glücklicherweise muss Luft für Menschen nicht bewegt werden um leben zu können aber sehr wohl das Wasser. Jeder weiß, wie schwer Wasser ist, wenn man es käuflich erwirbt und nachhause zerrt und schleppt. Auf hoher See kommt erschwerend hinzu, dass es keine süßwasserführenden Supermärkte gibt. Wasser wäre zwar zur genüge da aber wenn man Salzwasser anstatt Süßwasser trinkt, überlebt man das nicht lange. Weil unser Körper kann mit dem Salzgehalt des Meerwassers nicht haushalten. Infinity’s Wassertank fasst 500 Liter. Nach einiger Übung verbrauchen wir pro Person pro Tag 12 Liter für kochen, trinken, duschen und Geschirr spülen. Das ist ein vergleichbar niedriger Wert und liegt jetzt nicht daran, dass wir so viel Bier trinken oder die Hygiene auf See zu wünschen übrig lässt. Beim Wasser Sparen helfen uns einige Tricks. Wir waschen uns mit sauberem Meerwasser – nur die letzte Spülung bei jedem Duschgang ist Süßwasser. Beim Geschirrspülen geschieht das Vorspülen ebenfalls mit Meerwasser. Für die Wasserhähne haben wir Wassersparer aufgeschraubt, die bei geöffnetem Wasserhahn trotzdem nur dann Wasser spenden, wenn sie berührt werden. Mit den 500 Litern kommen wir also knapp 3 Wochen aus, ohne Wasser zu tanken. Das reicht im Regelfall – man kann ja auch noch Regenwasser sammeln. Aber bei einer größeren Passage möchte man etwas großzügiger planen um mehr Reserven zu haben – auch wenn es länger nicht regnet. Deshalb haben wir einen Wassermacher einbauen lassen. Vereinfacht erklärt presst dieser das Meerwasser mit hohem Druck durch mehrere Filter, bis Süßwasser mit Trinkwasserqualität übrig bleibt. Schont die Bandscheiben und macht autark wenn man ihn mit Solarenergie betreibt, was bei Sonnenschein und funktionierenden Solarpanelen durchaus realistisch ist. Der Wassermacher macht 30 Liter pro Stunde und verbraucht dafür 16 Ampere. Wenn wir ihn täglich für eine Stunde mittags laufen lassen, brauchen wir den Motor für die Stromversorgung also nicht zu starten.

Da wäre dann noch das Essen. Das kann man fischen oder auch kaufen. Mit dem Fischen hapert es allerdings beträchtlich in der Adria. Einerseits, weil hier bereits alle Fische aufgegessen wurden und andererseits natürlich das Know-how. Wiederum reicht dafür weder Tanzkurs, noch Führerschein und auch kein Hochschulstudium. Naja – wir lernen jeden Tag dazu. Bis dahin müssen wir einkaufen und verstauen. Aber das ist eine andere Geschichte.

Ein Kommentar

  1. Hallo ihr Lieben! Dankeschön für den interessanten Bericht! Ganz viele Herausforderungen, die ihr gemeinsam gut meistert👍 Bei uns schüttet es, wie schon lange nicht, Wasserprobleme haben wir zur Zeit nicht 😊 Liebe Grüße Mama Von meinem iPhone gesendet

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