Alarm, Wasser im Rumpf!

Im Schiff gibt es für vieles einstellbare Alarme. Zum Beispiel für flaches Wasser, Ankunft am Wegpunkt, kreuzende Kurslinien mit anderen Schiffen, vom Radar erfasste Hindernisse und so weiter. Kurz vor dem Ankommen an unserem Ankerplatz in Kotor, heult einer der vielen Alarme auf. Nachdem wir ausgeschlossen haben, dass es einer der herkömmlichen Alarme ist, die sich bei Annäherung an ein Ziel ergeben können und das markdurchdringende Geheul nicht aufhört, schalten wir in den Krisenmodus. Es muss der Alarm einer der Bilgepumpen sein!

Das ist bei einem Schiff eher schlecht, denn es heißt folgendes: An den tiefsten Stellen im Rumpf sammelt sich Wasser, das von den automatisch anspringenden Pumpen weggefördert werden muss. Denn ein Schiff schwimmt nur dann langfristig wenn das Wasser draußen und die Luft drinnen bleibt. Schlimmstenfalls ist ein Schiff mit Wasser drinnen und Luft draußen rasch ein Totalschaden.

Jetzt ist „Feuer am Dach“ oder eben „Wasser im Rumpf“! Rasch sind die Aufgaben verteilt. Schiff auf Kriechfahrt verlangsamen um Zeit zu gewinnen und nicht in Kotor unelegant zu landen. Einer nimmt sich das Suchen der sprudelnden Quelle unter den Bodenbrettern in den Rümpfen vor und der andere die Motorenräume. Die erste Intuition war richtig. Der steuerbordseitige Motorraum mit dem gerade laufenden Motor wird als erstes geöffnet und siehe da: ein Schlauch ist durch Wärme und Vibration abgegangen und es läuft munter Wasser in den Motorraum, wo übrigens auch Batteriebank und Elektronik gerne trocken wohnt. Elektronik und Wasser ist ja wie Hund und Katz. Diese Erkenntnis fördert die Deeskalation der Situation gar nicht.

Ein erster Geschmackstest lässt die dunkelrote Alarmlampe aber wieder orange werden weil Süßwasser. Es schmeckt zwar nicht nach Zucker aber eben auch nicht nach Salz, was in diesem Moment relativ gute Neuigkeiten sind. Von außerhalb des Schiffes kann das Wasser also nicht kommen, da wir ja im salzhaltigen Meer schwimmen. Und das Süßwasser, das wir bereits mithaben wird den Tiefgang des Schiffs nicht negativ beeinflussen, auch wenn es sich vom Tank in den Rumpf vertschüsst. Jetzt noch den Finger in den Schlauch gesteckt und die Gefahr ist gebannt. Die alten Methoden sind immer noch die besten.

So ein Finger im Schlauch blockiert jetzt natürlich eine ganze Person und das ist bei einer Crew von zwei Personen eindeutig zu viel. Jetzt muss Kerstin, die momentan 10 Finger frei verfügbar hat rasch Kurs und Hindernisse checken – wir fahren ja immer noch auf Kotor zu und dann die Sicherungen für die Süßwasserpumpen im Schiff ausschalten damit das kostbare Nass im Tank bleibt. Der Schlauch wird notdürftig zusammengesteckt und die Bilgepumpe fördert die geschätzten 30 l Süßwasser aus dem Rumpf. Nachdem der böse Sprudelschlauch das Wasser nicht über die Elektronik verteilt hat und die Bilgepumpe 1a reagiert hat bevor das steigende Wasser den Motor erreichte: Vorerst alles gut!

Ach ja: der Bilgepumpenalarm lässt sein infernalisches Geheul noch immer nicht sein, auch wenn die Bilgepumpe schon gestoppt hat. So ein Alarm geht auf die Dauer sehr aufs Gemüt, schlimmer als jeder Tinnitus. Da kommt man aus dem Stressmodus gar nicht mehr heraus, wenn etwas derartig anhaltend intensiv signalisiert, dass man gleich sterben wird. Also noch den Schutzschalter für das 12 Volt System gekippt und Ruhe. Herrlich.

Wir fahren noch immer auf Kotor zu. In Kotor sind wir wie immer das einzige Schiff in der ganzen Bucht. Passt.

In der Analyse halten wir folgendes fest:

  1. Der betreffende Rückspül-Schlauch wurde bei der Montage des Wassermachers von Fachkräften vor drei Monaten mit 2 Schlauchschellen ordnungsgemäß montiert. Allerdings dürften die Schlauchschellen nicht richtig angezogen gewesen sein und der Schlauch hat sich durch Wärme und Vibrationen des Motors selbstständig gemacht.
  2. Bei unserer dreimonatigen Kontrolle der gefühlten 2.000 Schlauchschellen im Schiff werden in Zukunft auch neue Schläuche kontrolliert – selbst wenn diese soeben frisch installiert wurden.
  3. Die Bilgepumpe hat sich mehr als eine Streicheleinheit verdient und ihr Alarm hat uns rechtzeitig wachgerüttelt bevor teure Schäden an Elektronik und Motor entstanden sind.
  4. Wir haben als Team innerhalb von wenigen Sekunden richtig reagiert und konnten so Schlimmeres vermeiden. Das ist nichts neues aber trotzdem wichtig, dies wieder unter Beweis zu stellen. So kann das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten weiter wachsen.
  5. Unsere Checklisten für tägliche, wöchentliche, monatliche, vierteljährliche und jährliche Kontrollen sämtlicher Einrichtungen inklusive Schlauchschellen sind kein unnötiger Ballast sondern lebenswichtig. Deshalb werden wir sie auch in Zukunft penibel einhalten.

3 Kommentare

  1. Hallo Euch,
    schön in Kotor 😉
    da waren wir schon mit dem Moped, allerdings ohne „Alarm“ 😉
    Fein wenn´s euch gut geht.
    LG Martin

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