Am Weg von Nuku Alofa nach Vava’U wollen wir beim ersten Tageslicht einen Ankerstopp auf Nomuka Island einlegen. Wir sind aber zu schnell für den Sonnenaufgang und segeln deshalb in der Dunkelheit daran vorbei. Dann nehmen wir halt die nächste Insel, die wir bei Tageslicht anlaufen können. Wir ankern in Lee der “Sonnenaufgangs-Insel” und haben einen sensationellen Blick auf zwei Vulkane, die Mutterseelen alleine aus dem Wasser ragen. Der eine als vor sich hin köchelnder niedriger Krater und der andere zirka 1.000 Meter hohe spitz zulaufende Kegel ohne Rauchfahne. Sie tragen die klingenden Namen “Tofua” und “Kaokao”. In Tonga gibt es lebhafte vulkanische Aktivität. Man berichtet von Inseln, die zum Teil mehrmals pro Jahr erscheinen und wieder verschwinden. Damit heißt es für uns Obacht geben beim Segeln zwischen den Inseln.
Interessanterweise fand genau bei diesen beiden Vulkanen die Meuterei auf der Bounty statt. Hier wurde Kapitän Bligh mit seinen Getreuen ausgesetzt. Angeblich wurden sie beim Versuch Proviant zu bunkern auf einer tonganischen Insel von den Eingeborenen überfallen und mussten fliehen. Sie kamen um ein Haar davon. So freundlich waren die Bewohner der sogenannten Freundschaftsinseln früher gar nicht. Der Name “Freundschaftsinseln”, der von James Cook verliehen wurde, beruht auf einem Missverständnis. Die Tonganer haben früher einige europäische Segler geplündert, deren Crews umgebracht und die Schiffe verbrannt. Das gleiche Schicksal blühte auch den beiden ankernden Schiffen von Cook im 18. Jahrhundert. Sie wurden zu einem Fest eingeladen und sollten dabei getötet werden. Wäre das nicht in letzter Minute durch einen Streit zwischen den Eingeborenen vereitelt worden, würden die Freundschaftsinseln wahrscheinlich heute anders heißen. Überliefert ist das von Herrn Mariner, einem Engländer, der im Kindesalter als einziger Überlebender einer ähnlichen Tötungsaktion mit den Eingeborenen aufgewachsen, deren Sprache erlernt und später nach England zurückgekehrt ist.


















Am nächsten Abend brechen wir wieder mit dem letzten Tageslicht zu unserer nächsten Etappe Richtung Neiafu, der Hauptstadt von Vava’U auf. Der Wind kommt fast die ganze Strecke genau von hinten und wir können mit dem Bluewaterrunner durchfahren. Daher sind wir für den nächsten geplanten Zwischenstopp auf einer verlassenen Insel wieder zu schnell und wir segeln im Dunkeln daran vorbei direkt nach Neiafu. Am Zollsteg angekommen geht das lokale Einklarieren flott und wir suchen uns nach einem kleinen Spaziergang durch das Städtchen eine Boje in der Nähe des netten Waterfront-Lokals „The Kraken“. Die Eigentümer des Lokals fanden es einfacher, das dort befindliche Boot in das Gebäude zu integrieren, als es wegzuschaffen. So steht es heute immer noch quer mitten im Lokal. Die Kirche dominiert das Stadtbild an der höchsten Stelle mit ihrem Turm und der bunten Fassade. Dann gibt es noch den Fisch- und Gemüsemarkt, ein großes Gebäude, in dem Regierungsbüros und Geschäfte eingemietet sind und viele kleinere Gebäude. Mindestens vier chinesische Läden, die alle das gleiche verkaufen, einige Lokale und Banken. Alles recht charmant und übersichtlich. Die ganze Insel kikerikit von morgens bis abends. Unterbrochen wird das Hahnenkonzert nur vom Hundegebell, das sich mit der abendlichen Live-Musik in Lokalen misst und vom obligaten sonntäglichen Kirchengesang, der über den Ankerplatz wabert. Wenn man meint, man höre mal keinen Hahn krähen, hat man sich einfach verhört. Manche Reiseführer empfehlen Ohropax dagegen. Wir finden es aber auch ohne Stöpsel im Ohr erträglich bis sympathisch. So viel zu Neiafu. Achja, eines noch: Schweine und Hühner haben hier Vorrang auf den Straßen.
Nach den letzten anstrengenden Wochen fällt die Anspannung von uns ab und unsere Körper meinen jetzt mal Zeit zu haben, ein paar Tage krank zu sein. Es gibt schlimmere Plätze zum Erholen. Nachdem wir wieder auf den Beinen sind, verlegen wir uns einige Seemeilen in die Nachbarbucht. Wir nehmen eine der ausgelegten Bojen auf. Wie immer schalten wir den GPS-Ankeralarm scharf und siehe da, das erste Mal in unserer dreijährigen Segelreise handelt es sich beim anschwellenden Alarmton nicht um einen Fehlalarm. Es sind nur 15 Knoten Wind und Infinity ist jetzt wirklich nicht dick. Das letzte Mal stand sie vor einigen Wochen auf der Waage beim Kranen in Whangarei. Sie bringt segelfertig und verproviantiert inklusive uns beiden 12,5 Tonnen auf die Waage. Das heißt, die Bojen sind viel zu knapp bemessen. Gut, dass wir es gleich gemerkt haben. Suchen wir uns eben einen Ankerplatz in der Nähe. Der Ankergrund ist nicht besonders aber für das angesagte Wetter wird es reichen.
Die Segeldistanzen in Vava‘U sind klein, sodass man entweder nur die Genua ausrollt oder gleich motort. In der nächsten Bucht verankert, wird erst mal eine Gebühr abkassiert. Die ist zwar gering und wird unter dem Vorwand einer Spezialschutzzone eingehoben. Finden wir gut, wenn es funktionierende Bojen gibt und etwas für den Schutz getan wird. Schutzmaßnahmen sind leider von uns keine ersichtlich. Die Korallen in den bisher beschnorchelten Buchten sind zu 70 % kaputt und zum Teil mit Sand bedeckt. Möglicherweise die Folgen von Zyklonen. Aber auch Menschen tragen mit der Erderwärmung und unvorsichtigen Ankermanövern dazu bei. In der kleinen Bucht ankern bis zu 15 Boote. Sie ist in der Nähe eines Dorfs, einer Picknickinsel und der Swallow Cave, der wir mit dem Dinghi einen schnorchelnden Besuch abstatten. Am Nachmittag fällt das Licht schön in die Höhle und taucht das glasklare Wasser der schroffen Unterwasserwelt in magisches Blau. In der Höhle tummelt sich ein Schwarm von tausenden kleinen silbrigen Fischen. Ein atemberaubender Anblick, wie der Fischkindergarten in synchronschwimmender Weise durch die Höhle schwärmt.
Kurzvideo: Schnorcheln in Swallow Cave
Es gibt eine weitere Höhle, die “Mariner’s Cave”, deren Eingang immer unter Wasser und deshalb schwer zu finden ist. Wir müssen leider die Suche abbrechen und schauen, dass wir mit dem verbleibenden Benzin wieder zurück in unsere Ausgangsbucht kommen, ohne rudern oder per Handfunke um Hilfe rufen zu müssen.












Mit unseren Solarpanelen können wir fast den ganzen Tag nach Lust und Laune den Inverter und den Wassermacher einschalten ohne etwas von der 100-prozentigen Batterieladung zu verlieren. Was für ein Luxus. Unsere fleißigen Wollsocken (danke liebe Claudia) würden wir am liebsten in Pension schicken, aber wir einigen uns auf einen langen Sommerurlaub für sie.
Der nächste Ankerplatz ist wiederum um die Ecke und wir ankern zwischen dem Dorf “Vakataumai Falevai” und der unbewohnten malerischen Winzlingsinsel „Nuku“. Prinz Edward soll hier schon wie viele andere gepicknickt haben. Mal sehen wo so ein Royal seine Füße in den Sand steckt.