Wir zahlen bar in einer Bar in Bar

Nach einem ganzen Monat ankern wird es wieder Zeit das Schiff zu putzen, Wasser zu bunkern und die Batterien mit Landstrom zu 100 % in einer Marina zu laden. Auch werden wir ein Paket vom Postverteilungszentrum Schönau hierher in die Stadt Bar bekommen. Danke dafür. Bei der Ankunft haben wir gleich den Elektriker Janko geordert, der mit den gleichen Mitteln wie wir plus Amperemeter auf die gleiche Diagnose bzgl. unserer schwachen Ladung durch Solar-Energie gekommen ist: 2 Solarpaneele sind ganz kaputt, 1 funktioniert nur halb.

Bar ist anders als die Küstenorte, die wir bisher gesehen haben. Sie ist nicht touristisch ausgelegt, zumindest nicht auf Yachttourismus. Die Ausstattung der Marina ist okay, die Sanitäranlagen zwar „Vintage“ in der Ausführung, aber sauber und zweckmäßig. Die Laundry ist günstig, normalerweise wird die Wäsche von einem Mann gewaschen und getrocknet aber wir waschen selbst. Nachdem wir spät dran sind, überlässt er uns seinen einzigen Schlüssel für den Container, wo die Waschmaschinen stehen im Vertrauen darauf, dass wir ihn wieder zurückgeben. Am Wochenende ist die Marina-Rezeption nicht belegt, es gibt aber einen Wachdienst und Kameras zur Überwachung. Außerdem sind wir wieder die einzigen Fremden, sodass uns gleich jeder hier kennt.

Wir entscheiden, dass wir die Solarpaneele hier erneuern lassen und so lange in Bar bleiben. Bei dieser Gelegenheit mieten wir ein Auto, um uns die Umgebung anzuschauen. Die touristischen Highlights sind leicht erreichbar und Arbeit wartet auch genug auf uns. Es ist dann sehr erfreulich wie gut so eine Bestellung, Lieferung und Montage funktionieren kann. Die Firma Sunware in Deutschland beantwortet prompt jede Frage per Mail und nach der Bestellung von 4 Solarpaneelen mit 100 Watt ist der Transport nach Podgorica in 2 Tagen erledigt. Die einzige Schwierigkeit besteht darin, die Paneele zoll- und mehrwertsteuerfrei für uns als Yacht in Transit zu bekommen. Dafür brauchen wir einen Liefer-Agenten, damit das Paket „verplombt“ mit einem Vorhängeschloss am Kofferraum eines Fiat Punto von UPS in Bar ankommt. Nach Öffnen der Plombe bleiben 24 Stunden zur Ausreise aus Montenegro, sonst wird der Zoll fällig. Also ist etwas Eile angebracht.

Der Elektriker Janko und sein Mitarbeiter, Skipper und Übersetzer Igor schaffen das nahezu Unmögliche. Die beiden sind sehr zu empfehlen. WhatsApp Janko: 00382 6756 5638. Die Paneele werden erst Freitag Mittag vom Zoll freigegeben. Damit arbeiten wir mit den beiden ohne Pause, überlegen eine passende Konstruktion, fahren zum Baumarkt und zum Schlosser und arbeiten bis in die Nacht, obwohl die beiden noch heute wegen eines überfluteten Motorraums nach Budva müssen. Im Dunkeln können wir leider die Leistung nicht mehr messen, da den Paneelen die Sonne fehlt aber wir sind guter Dinge, dass es morgen funktionieren wird. Und wirklich, wir kommen seit der Installation der neuen Paneele kaum mehr unter 90 % Energie in den Batterien. Jetzt haben wir ein schwimmendes Solar-Kraftwerk. Perfekt, eine große Sorge weniger.

Die Zeit in Bar vergeht schnell und die Stadt ist von Lebendigkeit geprägt. Bereits am Tag der Anreise fällt auf, wie viele Menschen unterwegs sind. An der Hafenpromenade ist eine schöne breite Palmenallee mit viel Platz zum Spazieren gehen und Radfahren. Die Kinder können sich austoben. Autos sind verboten. Auch Motorroller sollten draußen bleiben. Um dies sicherzustellen scheint es hier eine eigene „Hunde-Patrouille“ zu geben. Es gibt 5 bis 6 streunende Hunde, die sich auf der Allee verteilt in den Schatten legen. Sobald sich jemand auf einen Roller setzt, bewegt sich der nächstliegende Hund auf ihn zu und alarmiert mit einem kurzen Bellen die Kollegen. Diese sind in Sekundenschnelle vor Ort und gemeinsam wird der Fahrer und das Gefährt angekläfft was das Zeug hält. Es ist jedes Mal ein Schauspiel wie die Fahrer reagieren. Einige ziehen die Füße in die Höhe ohne überhaupt gestartet zu haben und fallen fast um, andere versuchen möglichst schnell loszufahren. Keiner hat eine Chance zu entkommen, die Hunde laufen rundherum. Sie bellen und sind im Weg. Dabei ist das blanke Entsetzen der Fahrergesichter Gold wert. Damit steht fest: Bar ist die Stadt der Hunde so wie Kotor die Stadt der Katzen ist.

Möchte man eine Stadt kennenlernen befragt man im Vorfeld Dr. Google. Das funktioniert im Regelfall sehr gut. Wenn die Stadt allerdings Bar heißt und man sucht eine Bar in Bar, da wird es schon schwieriger. Bar in Montenegro spuckt als erstes eine Bar in Budva aus. Sonst kann man eine Bar in Bari oder Barcelona finden. Da wir ab er gut zu Fuß sind, suchen wir uns die Lokale selber. Dabei zeigt sich, dass sich das Preis-Leistungsverhältnis proportional mit der Entfernung vom Strand verbessert. Die Anzahl der kommunistischen Bausünden nimmt dabei auch zu. Dabei gibt es zwei herausragende Beispiele. Die Hauptpost ist so niedrig, dass man sie kaum findet zwischen den neuen Gebäuden. Um ins Innere zu gelangen muss man wie in einem Schneckenhaus durch Betonwände ohne Fenster laufen. Von den drei Mitarbeitern arbeitet nur eine Person. Natürlich brauchen wir diese eine Person und müssen draußen warten. Dann gibt es noch ein altes Einkaufszentrum, das aussieht wie 3 am Boden stehende futuristische Kuchenformen.

Mit dem Mietauto fahren wir nach Stari Bar, der Altstadt, die gerade wieder aufgebaut wird und auf der Warteliste für Unesco steht. Der 2200 Jahre alte Olivenbaum zeigt er uns wieder mal, wie klein und kurzlebig wir Menschlein im Vergleich zur Natur sind.

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