Banda Neira – Indonesien

Unsere Begeisterung für Indonesien steigt. Mit Rückenwind und Blue Water Runner sausen wir nach Banda Neira. Ein Katamaran liegt vor einem Steg vom Hotel Maulana. Wir fahren vorsichtig in die Richtung. Von weitem winkt uns Mita, die Hotel-Chefin zu, dass wir doch zu ihr kommen sollen. Für das Ankern ist diese Bucht ziemlich tief, wir machen daher zusätzlich zum gesetzten Anker mit Landleinen fest. Unsere Nachbarlieger „Cosmos“ ist eine Familie mit zwei kleinen Kindern aus Australien, die hier schon Spielgefährten gefunden haben. Wir nehmen unser Anlegerbier auf der Hotelterrasse vor unserem Boot. Dazu gesellt sich der verschmuste Hotelhund, der schnell herausfindet, dass er für Streicheleinheiten sitzen bleiben muss, da man ihn am Boden auf dem Rücken liegend vom Stuhl aus nicht kraulen kann. Es sind nicht viele Gäste da. So lernt man sich schnell kennen, auch den vor Begeisterung sprühenden Tauchguide Nellow, der seine Basis im Hotelkomplex hat und Nic, seinen relaxten Kunden aus Australien. 

Wir erkunden erst einmal das kleine Städtchen, welches von den Holländern „kolonialisiert“ wurde. Banda ist die Heimat der Muskatnüsse, welche auf großen Plantagen angebaut wurden. Die Molukken, so heißen die Inseln heute, waren früher als Gewürzinseln bekannt. Die heimische Bevölkerung hat schon früh mit Asien und Arabien Handel getrieben. Dann kamen die Europäer und nahmen das Land mit Gewalt. Holländer, Portugiesen und Briten mussten Forts bauen um sich gegen die Bevölkerung zu verteidigen. Die Festungen sind zum Teil noch gut erhalten, besonders das Fort Belgica, Baubeginn war bereits 1611. Am Abend hat man vom Fort aus einen schönen Blick auf den Vulkan der gegenüberliegenden Insel Api Banda. Die Wolken schauen aus, als würde der erloschene Vulkan noch qualmen. Das gegenüber dem Fort Belgica liegende Fort Nassau ist weniger gut erhalten und dient jetzt als Weide für magere Kühe. Laut Einheimischen haben damals die Briten die Inseln Ai und Rhun von den Holländern erworben und ihnen dafür New Amsterdam im heutigen New York gegeben. Zwei Jahre später sollten die Holländer die beiden Inseln aber wieder für sich einnehmen. Eine eher im Bereich der Sage anzusiedelnde Geschichte. Leichter nachvollziehbar ist dann schon die Geschichte, dass die Briten das Saatgut der Muskatnuss mitgenommen haben und mit dem Anbau auf Grenada in der Karibik begonnen haben. Dies ist dort mittlerweile das Hauptexportprodukt und sogar auf der Flagge Grenadas zu finden.  Mittlerweile wird Muskatnuss in vielen Ländern angebaut, aber hier ist nun mal die Heimat. 

Auf dem Markt werden nicht nur Fisch, Obst und Gemüse verkauft, auch buntgefärbte Küken kann man erwerben. Sie sehen aus als wären sie aus gefärbten Ostereiern geschlüpft. Überall findet man noch Häuser aus der Kolonialzeit, manche besser, manche schlechter erhalten. Dies gibt dem Ort ein besonderes Flair. Die Straßen sind schmal, so ist es nicht verwunderlich, dass fast keine Autos zu sehen sind, sondern nur Roller. Zwar gibt es so etwas wie einen Führerschein und Helmpflicht, das interessiert hier aber keinen. Es fahren schon die Neunjährigen mit ihren kleinen Geschwistern herum. Damit ist das Unfallrisiko deutlich erhöht und man tut gut daran, aufmerksam zu sein. Die Auf- und Umbauten der Roller sind abenteuerlich, da wirklich alles mit Roller transportiert wird. Auf dem Weg durch den Ort hält ein Rollerfahrer bei uns an mit seiner kleinen Enkelin vor sich sitzend. Er stellt sich vor, sein Name ist Abba und er ist der Besitzer des Cilu Bitang Estate, einem ehemaligen Gutshaus aus der Kolonialzeit. Er ist ein hervorragender Geschäftsmann, der aktiv auf die potentiellen Gäste zugeht. Die Weißen erkennt man in der Stadt wie bunte Hunde. Nach einem kleinen Spaziergang kehren wir bei ihm ein, genießen die Speisen und buchen für den nächsten Tag einen Schnorchelausflug.

Früh am Morgen finden wir uns beim Hotel ein und werden zu einem abenteuerlich ausschauendes Boot gebracht. Zunächst geht es zur Insel Ai, wo unser Guide uns über die Insel führt und wir sowohl ehemalige Plantagen sehen wie auch das kleine Fort Revengie. Die Muskatnüsse am Baum schauen wie Walnüsse aus, das Fruchtfleisch drum herum ist aber essbar, schmeckt süß, kann frisch oder getrocknet genossen werden. Öffnet man die Frucht, kommt zunächst eine rote Blüte zu Tage, welche den Kern umhüllt. Diese hat eine helle rote Schale und wird ebenso getrocknet und als Gewürz verwendet, häufig in Süßspeisen, zum Teil aber auch als Duftstoff in Parfüm. Auch kommen wir zu Nelken-, Jackfrucht- und Mandelbäumen. Wir sehen einen Zimtbaum und unser Guide zeigt uns, wie die Rinde für das wertvolle Gewürz geerntet wird. Der Duft in der Luft hat ein ganz eigenes Aroma. Überall finden die Gewürze auch in Tischdekorationen ihren Platz. Wir kommen an einer Bootsbaustelle vorbei. Dort wird kein Fischerboot gebaut, sondern ein Renn-Ruderboot, welches aus Mandelholz besteht. Die Planken sind so hoch, dass die Seitenwände aus nur einem Stück bestehen. Damit rudern die Einheimischen um die Wette. Kleinere Ausfahrten macht man auch, um Touristen zu empfangen, die dann auch noch eine traditionelle Tanzgruppe zu sehen und heimische Musiker zu hören bekommen. Auffällig sind die schönen Gartenanlagen, üppig und bunt. Danach geht es bei unserem Ausflug zur Insel Rhun. Dort werden wir wieder über die Insel geführt, bekommen einen kleinen Snack und gehen Schnorcheln. Hier gibt es jede Menge Fische und Korallen zu sehen, riesige Schwärme kleiner Drückerfische, an der Riffwand große Barsche und klares Wasser. Die Strände sind mit feinem weißem Sand bedeckt, wo leider überall Plastik herumliegt. Auch Kerstin genießt das Schnorcheln, die derzeit nicht so tauchbegeistert ist. Mita ist für alles zu haben, so organisiert sie eine Masseurin, die auf den ersten Blick nicht ganz so vertrauenserweckend wirkt. Sie kommt leicht gebückt daher, ihr Lächeln entblößt die letzten drei Zähne und der Rest von ihr ist unter langärmeliger Kleidung und Hijab versteckt. Mita stellt ein Gästezimmer gratis zur Verfügung und Kerstin erhält die weltbeste Ganzkörpermassage, wodurch sie vermutlich zwei Zentimeter gewachsen ist, so wie sie gedehnt worden ist. 


Kurzvideo: Tauchen in Bandas Umgebung

Beim Tauchen findet man sich hier stets in einem Fischschwarm wieder. Eine unglaubliche Vielfalt von Hart- und Weichkorallen sowie Meerestieren. Toll anzusehen. So viele Fische hat Martin noch nirgendwo bisher gesehen. Auch selten anzutreffende Hammerhaie werden gesichtet. Zufällig ist Audrie mit seiner Frau auch mit von der Partie. Nellow klärt Martin auf, dass es sich bei ihm um den Entdecker des Tauchgebiets Raja Ampat handelt. Er arbeitete unter anderem für die Universität und den WWF und war mit 13.000 Tauchgängen in 20 Jahren gefühlt mehr unter als über Wasser. Natürlich gibt er uns gerne Tipps wo wir in unserer nächsten Destination – in Raja Ampat – die besten Tauchplätze finden. 

Am Ende des Tages machen wir es uns noch im Cockpit gemütlich und blicken aufs Hotel. Plötzlich flattert etwas um unser Boot und wir glauben, wir sehen nicht richtig. Da kommt doch tatsächlich ein großer Flughund zu uns und inspiziert unser Obstnetz, für den Flughund ein interessant aussehender Früchtebaum. Er freut sich sichtlich, dass dort verschiedene Früchte auf einem Ast wachsen und macht sich, nachdem wir ins Bett gegangen sind, tatsächlich über das Obstnetz her, was sich am folgenden Tag daran erkennen lässt, dass der Platz herum mit Obstresten übersät ist. Irgendwie fühlen wir uns hier sehr wohl. Daher sind wir auch nicht enttäuscht, dass ein Wetterfenster für die Weiterreise nach Raja Ampat noch nicht gleich auftaucht. Die Muezzine im Ort haben erstaunlich schöne Stimmen und die Gebete klingen angenehm in unseren Ohren. Wir fragen Nellow, ob das vielleicht ein Band ist, dass jeden Abend abgespielt wird. Er erklärt uns, dass die Funktion des Muezzins oft durch die Gläubigen erfüllt wird und da gilt, wer zuerst kommt, darf an die Lautsprecher. Wir sind froh, dass der gute Sänger auch einer der schnellsten ist. 

Ein besonderes Erlebnis ist der Kontakt mit den Behörden. An jedem neuen Ort müssen wir zum Quarantänebeauftragten, warum auch immer. Unser Agent in Tual hat gesagt, dass das grüne Quarantänebuch unter keinen Umständen aus der Hand gegeben werden darf. Sonst kann man nirgends mehr hin. Während Martin taucht, taucht der Quarantäne-Mensch im Hotel auf und kann kein Wort Englisch. Mita ist wieder zur Stelle und übersetzt für ihn. Nach einer gefühlten Ewigkeit schafft er es, zwei Zettel auszufüllen. Den notwendigen Stempel für uns hat er allerdings nicht dabei. Den müssen wir am Tag vor der Abreise bei ihm im Büro abholen. Gut, sagt Kerstin und will die grüne Mappe wiederhaben. Nein, unmöglich, sagt der Beamte. Der sitzt bekanntlich am längeren Hebel, womit Kerstin ihn mit unserer Mappe ungern ziehen lässt. Damit kann er wenigstens die Papiere für die Weiterfahrt vorbereiten. Glauben wir, dabei werden wir eines Besseren belehrt. So finden wir am Vortag der Abfahrt das geöffnete Büro, aber keinen Beamten. Alles liegt kreuz und quer in zwei Räumen verstreut, inklusive einiger älteren grünen Mappen, die vermutlich verloren gegangen sind oder nicht zum richtigen Zeitpunkt aufgefunden wurden. Wir machen uns ein wenig Sorgen um unsere Papiere und schielen zu den Mappen. Im Hinterzimmer liegt ein Mann und schläft. Wir sagen einmal vorsichtig „hello“, warten auf Antwort und wiederholen das Ganze mit mehr Dezibel. Damit kommen gleich zwei unausgeschlafene Beamte aus zwei Räumen geschlichen und schauen uns mit großen Augen an. Es ist ja erst Viertel nach zwei. Wie lange dauert die Mittagspause hier eigentlich? Sie sind aber so freundlich und beginnen mit der Suche nach unserer Mappe. Endlich gefunden wähnen wir uns am Ziel unserer Träume. Aber falsch gedacht. Nun werden wieder einmal die Unterlagen gesichtet, herumgeräumt, der zweite Beamte hinzugezogen. Beide vollbringen dann gemeinsam ein Wunder. Sie schaffen es mit sichtbarer Anstrengung unsere Daten in den Computer zu übertragen. So kann man hier leicht eine Stunde verbringen und immer schön lächeln. Konfrontation bringt gar nichts. Mit der Mappe machen wir uns auf zum Hotel Maulana. Dabei treffen wir die beiden Offiziellen gerade wieder, wie sie ebenfalls ins Hotel spazieren. Die Neuankömmlinge vom Nachbarboot müssen jetzt auch ihre Mappe abgeben. Viel Spaß. Wir genehmigen uns zur Feier des Tages einen Cocktail mit Muskatnuss-Sirup. Lecker!

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