Cairns und tauchen am Great Barrier Reef

Da weiterhin Regen angesagt ist und wir in unserem leckenden Camper nicht schlafen wollen, reservieren wir in Cairns ein Zimmer. Gegenüber befindet sich die Notschlafstelle für Obdachlose, gleichzeitig sehen wir auch viele Ureinwohner, die auf den Straßen sitzen. Tatsächlich leben 75 % der rund 500.000 Ureinwohner in Städten, hauptsächlich in Cairns und Townsville. Sie werden finanziell versorgt, da ihnen eigentlich das Land gehört. Ein überdurchschnittlich hoher Anteil ist leider alkohol- oder drogenabhängig. Bildung inklusive Studium wird ihnen gratis zur Verfügung gestellt. Davon machen angeblich nur wenige Gebrauch. Einige nutzen ihre Möglichkeiten, um ihre Kultur weiterzugeben.

Vor mehr als 40 Jahren gab es viele Salzwasserkrokodile, sodass es häufig tödliche Unfälle gab. Daraufhin wurden die Tiere gejagt und jetzt sind sie wiederum geschützt, damit sie nicht aussterben. Wo wir schon mal hier sind, möchten wir die lokalen Speisen probieren. Ein Lokal bekommt unsere Aufmerksamkeit. Das Lokal „Cock & Bull“ ist auch von seiner Inneneinrichtung einzigartig. Überall an Decken und Wänden hängen riesige Fische, die zwar nicht echt sind, allerdings in der Größe originalgetreu den gefangenen Fischen entsprechen. Es bietet auch Krokodilschnitzel und Kängurusteak an. Früher wurden die Tiere gejagt, jetzt ist es im Gegensatz dazu nur noch erlaubt, gezüchtete Tiere zu verspeisen. Daher teilen wir uns einen „Roo and Croc“-Teller, wobei das Krokodilfleisch unerwarteter Weise weiß und zart ist, das Känguru eher dunkel ist und an Rind erinnert.

Tags darauf machen wir uns gleich am Vormittag auf den Weg zur Rückgabe des Campers, den wir wegen des Lecks früher zurückbringen wollen. Im Vertrag wird eine frühere Rückgabe ausgeschlossen, allerdings summieren sich die Wehwehchen und nun tropft das Wasser bei Regen durch das Seitenfenster ins Innere. Mit einiger „Überzeugungsarbeit“ gelingt es Martin, den Camper doch am gleichen Tag zurückzugeben und das Geld für die restlichen Tage zurückzubekommen. Die Hotels sind hier ohnehin preisgünstiger und wir brauchen keinen Parkplatz während des Tauchausflugs.

Aus Vorfreude aufs Tauchen besuchen wir das Aquarium in Cairns, wo es eine Süßwasser-, eine Salzwasser- und eine Reptilienabteilung gibt. Bei der Fütterung sind besonders die Rochen sehr zutraulich und freuen sich über die kleinen Tintenfische. Interessanterweise finden sich im Aquarium auch Kuhnasenrochen, die nur im Atlantik vorkommen.

Endlich werden wir zum Tauchausflug abgeholt. Unser großes Gepäck bleibt im Tauchshop von Prodive. Dort haben wir auch unsere Tauchausrüstung ausgeborgt. Wir fahren für drei Tage und zwei Nächte hinaus auf das äußere Great Barrier Reef. Dabei gibt es an jedem der drei Tage drei Tauchgänge plus einen Nachttauchgang für jede Nacht. Das Angebot inklusive Ausrüstung, Vollpension, Wasser, Kaffee und Tee ist sehr preiswert und damit besonders von jungen Backpackern gebucht. Viele machen gleich auch noch die Tauchausbildung. Die Crew ist bunt gemischt und gut drauf und die ausgesuchten Tauchspots steigern sich von mal zu mal in Vielfalt und Schönheit. Besonders die riesigen, tausende von Jahren alten Korallen sind beeindruckend. Großfische sind rar, dafür kann man bei Sonnenschein die vielen bunten Rifffische ebenso wie die Schildkröten bei ihrem geschäftigen Treiben beobachten.

An Bord sind zirka 40 Personen aus mindestens elf Nationen von allen Kontinenten. Die Altersverteilung geht von 20 bis 70 Jahren. Wir bilden ein Buddyteam mit Robert, dem netten Archäologen aus USA und Eckbert, dem kurzweiligen „Exildeutschen“ aus Mallorca mit Krokodilfarm in Australien. Die beiden sind die erfahrensten mit jeweils über 1.000 Tauchgängen. Irgendwie klar, dass wir Älteren beim Essen beisammensitzen und tratschen. Martin nutzt die Gunst und taucht elf mal in den zweieinhalb Tagen. Kerstin lässt den einen oder anderen Tauchgang aus und entspannt. Die Leute an Bord sind sehr nett und es macht Spaß sich zu unterhalten. Nach englisch und japanisch ist deutsch wohl schon die am meisten gesprochene Sprache an Bord. So kommt es, dass wir auch wieder mal in Muttersprache plaudern können. Die letzten beiden Tauchplätze am Flynn-Reef gehören zum Besten was wir in unserer Taucherkarriere erlebt haben.

Nun geht unsere Zeit in Australien dem Ende zu. Wir spazieren durch Cairns und suchen zwischendurch immer wieder klimatisierte Gebäude zum Abkühlen auf. Zum Abschluss noch einige für Europäer ungewohnte Tatsachen. Praktisch finden wir, dass es oft im Lokal einen QR-Code am Tisch gibt, den man mit dem Mobiltelefon scannt und damit gleich bestellt und bezahlt. Die Bestellung findet sich kurz danach direkt am Tisch ein. Das Sportprogramm unterscheidet sich deutlich vom europäischen. Es wird Cricket, Rugby und bei uns unbekannte Autorennen auf mehreren meist riesigen Bildschirmen im Lokal übertragen. Besonders beliebt ist das durch uns so getaufte „Sonntagsraufen“. An Sonntagen wird Boxen, Kickboxen und Footy – die australische, sehr körperbetonte Version von Rugby – gezeigt. Dem Publikum gefällt es. Fast überall gibt es auch Spielautomaten und Wettscheine, praktisch direkt neben dem normalen Lokalbetrieb. Die Fernsehwerbung bewirbt Wetten mit anschließendem Spot zur Behandlung von Spielsucht. Manche Bereiche in Gastgärten sind für Speisen verboten, da dort geraucht werden darf – der genau umgekehrte Zugang wie in den meisten anderen Ländern die wir kennen. Öffentliche Schwimmbäder sind gratis, mitten in der Stadt und nicht eingezäunt. Innerhalb der Öffnungszeiten sind Rettungsschwimmer vor Ort. „Burger King“ heißt „Hungry Jack“, da McDonalds die Marke „Burger King“ in Australien schützen lassen hat. Obwohl die Ernährung hier nicht viel anders ist als in vergleichbaren Nationen, sind die Leute schlank und sportlich.

Zusammenfassend ist Australien für uns ein lohnenswertes Ziel gewesen. Die Natur ist abwechslungsreich und schön. Die als gefährlich bekannte Tierwelt tritt nicht wirklich bedrohlich in Erscheinung wenn man sich an die Regeln hält. Eine einfache Regel ist zum Beispiel, nicht im Wirkungsbereich von Krokodil „John“ ins Wasser zu gehen, wo John doch schon drei Menschen vorher angeknabbert hat. Man lässt John seinen Privatstrand und geht halt woanders hin. Australien ist groß genug. Der See-Wespe, einer gefährlichen Würfelqualle, kann man ebenfalls leicht aus dem Weg gehen, wenn man die Strände mit Sicherheitsnetzen oder die vielen Schwimmbäder besucht. Im Regenwald geht man auf Wegen und zieht knöchelhohe Schuhe sowie langes Gewand an. Die großen Pythons im tropischen Regenwald sind für Menschen ungefährlich. Die giftigen Schlangen sind scheu und warten nicht darauf, sich auf Menschen zu stürzen. Falls es doch passiert, stehen spezielle Notruftelefonnummern bereit. Begegnungen mit Spinnen kann man vermeiden in dem man ihnen nicht in die Netze läuft und Bullenhaie vermeidet man, indem man an berüchtigten Stränden nicht in die Brandung läuft, weil die Tiere aufgrund der schlechten Sicht ja erst mal nicht merken ob sie einen Touristenschenkel vor sich haben, den sie gleich wieder ausspucken werden, oder einen schönen Fisch zum Runterschlucken. Am einfachsten ist es, einfach die Einheimischen in ihren Gewohnheiten nachzuahmen.

Sydney gefällt uns von den besuchten australischen Städten am besten. In Byron Bay wären wir im Nachhinein betrachtet gerne länger geblieben. Den Flug zum abgelegenen Ayers Rock haben wir nicht bereut. Der tropische Regenwald und das Great Barrier Reef sind verdientermaßen UNESCO Naturerbe. Ausschlaggebend für den Schutz des Waldes waren übrigens „Hippies“, wie man sie damals nannte. Diese haben sich Mitte der 1980er Jahre auf die einzige Straße nach Norden gelegt und dort eingegraben, damit keine schweren Geräte nach Norden transportiert werden konnten. Man hat zwar die Hippies entfernt, dadurch aber den Wert des Waldes erkannt und nicht zuletzt deshalb vor der Landwirtschaft gerettet. Interessante Parallelen zu den heutigen Klimaaktivisten. Ein nächstes Mal würden wir wohl sowohl Neuseeland als auch Australien mit einem kleinen Auto und günstigen Unterkünften besuchen. Das scheint preisgünstiger und komfortabler zu sein als mit dem Campervan.  

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