Nun wieder zu zweit, nehmen wir die nächste Insel in Angriff. Eine Delfinschule begleitet uns ein Stück weit spielend im Kielwasser. Malekula und Espirito Santo gehören zum Malaria-Hochrisikogebiet. Damit heißt es, Malarone zur Prophylaxe einzunehmen. Natürlich gibt es hier auch andere von Moskitos übertragene Erkrankungen. Dengue-Fieber ist eine der gefährlicheren Erkrankungen, gegen die erst jetzt eine Impfung in Europa erhältlich ist und auch vor einer vorhergegangenen Infektion eingesetzt werden kann. Diese Impfung steht nun ganz oben auf unserer Gesundheitsliste. Wir packen unsere Moskitonetze aus, die Repellents und die Sprays für Kleidung und Räume werden großzügig verwendet. Das sollte gemeinsam mit rauchenden Moskitospiralen die Plagegeister abhalten. Moskitos reagieren nicht auf Licht, das sind eher die Falter und Fliegen. Sie mögen das Kohlendioxid der Atemluft und menschlichen Geruch. Eigentlich ganz interessante Tiere, leider stecken sie sich bei Menschen und Tieren mit Erregern an und verteilen sie an die als nächstes Gebissenen. Daher ist in Ballungsgebieten das Risiko einer Ansteckung am größten. Aber genug von den Insekten.







Malekula schaut von der Luft ein wenig aus wie ein sitzender Hund und wir ankern erst einmal im Süden bei den Hinterläufen. Der Ankerplatz ist genau genommen auf der zu den Maskelyne Inseln gehörenden Insel Uliveo. Die Einfahrt in den poolartigen Ankerplatz ist eng, daher verlassen wir uns auf die Wegpunkte unserer Vanuatu Cruising App, die sollte es schließlich wissen. An der engsten Stelle geben Navionics und die Cruising App gegensätzliche Informationen. Bei schlechter Sicht und Niedrigwasser fahren wir den Wegpunkten der Cruising App nach und wären um ein Haar auf einem Riff gelandet. Das Satellitenbild ist die einzig richtige Information hier. Außer ein paar Kratzern im Antifouling auf der Unterseite des Kiels ist alles unversehrt. Vor uns haben sich Justin und Linda mit ihrer Lolalei hereingewagt. Während wir klar Schiff machen, macht sich die Nachbarcrew auf den Weg zum Dorf. Sie kämpfen sich bei fallendem Wasser mit ihrem Dinghi durch Untiefen zum Strand. Als sie bei Niedrigwasser das Dinghi tragend zurückkommen, schließen wir uns ihnen an, um zum Schnorcheln zu fahren. Ein Einheimischer fungiert als Guide. Leider ist der Einheimische nicht sehr ortskundig und das Dinghi der Nachbarn bleibt bald stecken. Die Fahrt zum Schnorcheln entpuppt sich als Spießrutenlauf. Wir ankern auf einem kleinen Stück Sand und Martin erkundet die Umgebung mit dem Schnorchel. Es gibt einige schöne Korallen und kleine Fische. Mit Müh und Not schaffen wir es, Schäden an Boot und Korallen zu vermeiden und machen es uns für den Rest des Tages auf dem Boot gemütlich. Es gilt, die weitere Route zu planen um unsere letzte Zeit im Pazifik gut zu nutzen.
Am Abend kommt ein Versorgungsschiff vorbei. Es liefert Benzin in Fässern. Da man nirgends anlegen kann, werden die vollen Fässer einfach ins Wasser geworfen. Benzin ist leichter als Wasser und schwimmt in den Fässern auf dem Meer. Die Fässer werden von den Bewohnern mit ihren kleinen Auslegerbooten in Richtung Land bugsiert. Ein Einheimischer besucht uns an Bord und erzählt von seinem Alltag. Hier ist das Leben ursprünglich und die Menschen sind offen. Interessanterweise werden wir immer wieder angesprochen, ob wir Fisch zu verschenken haben. Die Fischer bleiben innerhalb des Riffs, da ihre Boote höheren Wellen nicht gewachsen sind. So fischen sie nur kleine Fische mit einem Netz. Damit schrumpft die Population immer weiter. Normalerweise finden sich immer ein paar Fische unter dem Boot, die sich über Brotkrümel freuen. Hier nicht. Alle aufgegessen. Der Wind dreht in der Nacht um 180 Grad, damit ist der Ankerplatz ungemütlich, sodass wir am nächsten Morgen früh aufbrechen. Wir folgen unserem aufgezeichneten Track. Der Wind ist frisch und weht ideal für unseren Bluewater Runner. Der entfaltet seine Flügel und bringt uns mit 6 bis 11 Knoten gen Norden. Das beflügelt uns dermaßen, dass wir weiter segeln als geplant und auf einem einsamen Ankerplatz landen. Der befindet sich vor der kleinen Insel Wala. Ein Einheimischer kommt mit seinem Auslegerboot zu uns und bietet uns eine Inselführung an. Das Angebot nehmen wir gerne an. Hier gab es noch lange Kannibalismus und Streitigkeiten zwischen den Stämmen Big Nambas und Small Nambas. Unser Führer hat überkreuzte Knochen zwischen seine Augenbrauen tätowiert und ist für einen Small Namba recht groß. So ganz sicher sind wir uns jetzt nicht mehr, dass der Kannibalismus gänzlich vorbei ist. Wir werden in den Regenwald hineingeführt, wo es vor Insekten nur so wimmelt. Die Wege sind schmal, aber gut begehbar. Unterwegs werden uns die verschiedenen Pflanzen erklärt, welche für schwarze Magie, als Medizin und Lebensmittel dienen. Auch zeigt er uns eine Palme, die als Ambrela dient, sprich Umbrella oder Regenschirm. Pflanzen, die zuhause mühevoll in Töpfen gehegt werden, sind hier riesige wild wuchernde Bäume. Er führt uns zu verschiedenen alten verlassenen Dörfern. Es handelt sich um Lichtungen mit symbolischen Steinformationen. Die heutige Generation glaubt immer noch an schwarze Magie, obwohl die Menschen überzeugte Christen sind. Als er uns auf den gegenüberliegenden Strand führt, erzählt er ganz nebenbei, dass die Gäste von den Kreuzfahrtschiffen immer um die ganze Insel laufen. Wir glauben, uns verhört zu haben. Hier fühlt es sich sehr ursprünglich an, dabei fallen regelmäßig 1.000 Touristen über die Insel her. Die Haupteinnahmequelle von Vanuatu ist mittlerweile der Tourismus. Unser Führer zeigt uns noch die Kirche, den dazugehörigen Friedhof und sein Haus. Wir kommen erst bei Dämmerung zum Strand zurück und erleben einen unwirklichen Sonnenuntergang. Am Strand schimmert das Meer türkis, schwere graue Wolken über uns und orange Streifen am Horizont. LTE Empfang gibt es hier überraschenderweise auf vielen Inseln und Internet ist nicht teuer. Nur bricht das Netz oft zusammen und bei Regen fällt es meist aus. Wahrscheinlich kommt Regenwasser in die Elektrik und der Schutzschalter fällt. Wenn das Netz erstmal weg ist, dauert es dann einige Stunden bis es wiederkommt. Es dürfte auf den größeren Inseln auch überall ein Gesundheitszentrums geben. Damit ist die Versorung besser als in Zentralaustralien wo man uns sagte, dass der nächste Arzt auf der Raumstation ISS sei. Die käme nämlich mehrmals täglich im Abstand von nur 400 km vorbei.











Vor der Insel Malo, die schon zu Espirito Santo gehört, finden wir unseren nächsten Ankerplatz. Der Ankerplatz ist wieder sehr knifflig anzufahren. Extrem flach und mit Korallenköpfen gespickt. Auf zwei Meter Wassertiefe bietet er zirka 100 mal 50 Meter Platz zum Ankern. Dieses Mal schaffen wir es mit Hilfe der Satellitenkarte und guter Sicht gefahrlos zum Ankerplatz. Unser Flachwasseralarm schreit in einer Tour, als wir auf 1,90 Meter Wassertiefe den Haken fallen lassen. Da kein starker Wind und kaum Wellen angesagt sind, bleiben wir an diesem paradiesischen Platz über Nacht. Rundherum gesäumt mit weißen palmengesäumten Sandstränden und Inselchen. 20 Meter hinter unserem Heck ein wunderschöner Korallenbommie mit hunderten kleinen bunten Fischen. Die Bucht ist ein Schnorcheltraum. Lange haben wir keine gröberen Abnutzungen am Boot gefunden, aber heute bemerken wir, dass eine Leine vom Ankerhahnepot zur Hälfte durchgescheuert ist. Reparieren geht nicht, da durch ein neuerliches Spleißen die Leine zu stark verkürzt würde. Wie gut, dass wir unseren alten Hahnepot noch aufgehoben haben, so nutzen wir ihn als Ersatz und machen uns auf nach Luganville, der Hauptstadt von Santo.
Wir ankern vor dem Beachresort. Ein Taxifahrer bringt uns direkt zum Baumarkt, wo wir die richtige Leine finden und auch einen Mitarbeiter, der die Leinen gleich spleißt. Wir bestellen gleich zwei Ersatzleinen mit. Mehr aus Gewohnheit als mit der Hoffnung auf Erfolg betreten wir einen chinesischen Laden, der alles und nichts anbietet, und finden tatsächlich eine LED-Lampe für unser Cockpit, die mit Solar und USB geladen werden kann. Nach langer Suche in Fidschi und Neukaledonien werden wir ausgerechnet in dem Land fündig, von dem man sagt, dass es dort nichts zu kaufen gibt. Ein großer Supermarkt verkauft ziemlich alles, auch Produkte von Spar, Australien, Europa und wer weiß woher noch. Selbst eine gut sortierte Fleischtheke stellt manche Geschäfte in Neukaledonien in den Schatten. Damit stocken wir unsere Vorräte wieder auf. Angeblich gibt es auf den Salomonen und in Papua-Neuguinea nicht viel zu kaufen. Wer weiß, ob das noch stimmt.
Kurzvideo: Tauchen im Wrack des Kreuzfahrt- und Kriegsschiffs President Coolidge
Highlight der Insel Santo ist das Wrack SS President Coolidge. Ein 200 Meter langes gesunkenes Kreuzfahrtschiff aus dem Jahr 1930. Es wurde im zweiten Weltkrieg von den Amerikanern, die im Pazifik gegen die Japaner gekämpft haben zum Frachter umgebaut. 5.000 Soldaten und 300 Crewmitglieder waren an Bord, als das Schiff 1942 in einem Zyklon durch eine nicht feindliche Mine vor Luganville gesunken ist. Um das Schiff vollständig zu betauchen, benötigt man laut dem hier ansässigem Tauchzentrum mehr als 30 Tauchgänge. Es ist sehr gut erhalten. Martin taucht in zwei Tauchgängen zweimal außen und innen durch das halbe Schiff. Die Luken kann man noch öffnen und schließen, man sieht den Friseurladen und die Krankenstation sowie die durcheinander gepurzelte Fracht. Der Tauchguide ist überrascht als beim zweiten Tauchgang in 30 Metern Tiefe plötzlich 11 Minuten Dekompressionszeit fällig werden. Wird der Sicherheitsstopp halt diesmal etwas länger. Der Tauchguide flippt unter Wasser dann einigermaßen aus als er in Landnähe eine Granate aus dem Schiff findet. Jemand hat sie aus dem Wrack entwendet und hierher gelegt um sie bei Dunkelheit zu stehlen. Deshalb wird die Granate von uns versteckt damit sie zum Schiff zurückgebracht werden kann. Viele Wracks sind bereits geplündert. Die Coolidge ist eines der wenigen wo man auch noch kleinere Dinge sehen kann. Der dritte Tauchgang an diesem Tag geht an den Million Dollar Point. Hier haben die Amerikaner nach dem zweiten Weltkrieg die gesamte Ausrüstung ins Meer gekippt. Eine Menge Schrott unglaublichem Ausmaßes vom Kettenbagger bis zum Gabelstapler, LKWs und so weiter liegen von zwei bis 50 Metern Wassertiefe über mehrere 100 Meter verstreut auf einem Abhang im Meer. Ein ungewöhnlicher und interessanter Anblick.
Kurzvideo: Kastom Dance in Vanuatu