Bootsarbeit in Whangarei

Über Auckland soll es weitergehen nach Whangarei zu Infinity. Unser vierter kurzer Aufenthalt in Auckland gibt uns Gelegenheit, einen interessanten Blick hinter die Kulissen eines Filmstudios zu werfen sowie eine Hafenrundfahrt und einen Ausflug auf die Waiheke Insel zu machen. Die Insel entpuppt sich als kleines Paradies voller wunderbarer Wanderwege und Weingüter. Das ist für uns das Top-Erlebnis in Auckland. Nebenbei bekommen wir noch den St. Patricks-Umzug der irisch stämmigen Bewohner von Auckland mit. Ein fröhliches Treiben in grün gehüllt mit Blasmusik, irischer Musik und viel Guinness.

Nach dreistündiger Busfahrt wieder in Whangarei angekommen, wartet jede Menge Arbeit auf uns. Infinity hat außer ein wenig Regenwasser, das auch seinen Weg nach innen bis in die Bilgen gefunden hat, trotz Zyklon gottseidank nichts abbekommen. Nachdem wir am Schiff ohne unsere Anwesenheit grundsätzlich keine Arbeiten machen lassen, steht nun eine lange Liste zum Abarbeiten an. Bei Bootsnachbarn wurden Arbeiten während deren Abwesenheit durchgeführt und prompt das Schließen einer Luke vergessen. Die Folge: Regenwasser im Boot und Schimmel überall. Grundsätzlich ist es nicht so, dass man davon ausgehen kann, dass hier alles zur Zufriedenheit erledigt wird. Eher das Gegenteil ist der Fall. Deshalb tut man gut daran, fremd vergebene Arbeiten persönlich zu überwachen und mit wertvollen Tipps zu helfen. So geschehen bei uns: „Bitte Motor nicht starten, es ist kein Öl drin.“ Das hatte der Servicemitarbeiter nur kurz vergessen, hätte aber wahrscheinlich schwere Folgen gehabt. Naja, sicher ist sicher.

Nachdem es in den ersten Tagen am Boot durch das viele Schleifen sehr staubt, quartieren wir uns für diese Zeit in einem AirBnB bei einer jungen Britin ein. Sie ist unglücklich mit ihrer Arbeit und wird von uns mit Tipps und Schokolade versorgt. Wir haben Gelegenheit, in einem typischen neuseeländischen Haus zu wohnen. Interessant ist, dass die Bauweise kaum mit dem Häuserpreis hier mithalten kann. Es wird beinahe komplett aus Holz gebaut, Isolierung gibt es fast keine. Im Winter mögen wir uns das gar nicht vorstellen, nachdem es auch nicht wirklich eine Zentralheizung gibt. Meist wird mit Strom geheizt. Oft übernimmt das gleich die Klimaanlage. Dafür ist die Aussicht wunderbar – fast wie zuhause im Mühlviertel. Grüne sanfte bewaldete Hügel.

Die Ruder wurden ja beim Auskranen gezogen und man sieht an ihnen Risse und Korrosionsstellen nach unserer Wiederkehr. Die Risse müssen ausgefräst und wieder mit Epoxy gefüllt werden. Die Korrosionsstellen an den Stahlschäften werden herausgebohrt. Sie sind nicht tief und müssen nicht geschweißt werden. Nach fünf Jahren sollte das alles eigentlich noch nicht auftreten. Auch sonst sind viele Schrauben durch Salz, Wasser und Sonne schwierig zu lösen. Ferry von Alrisha borgt uns seinen Schlagschrauber. Damit gehen viele Schrauben in Verbindung mit etwas Hitze aus der Heißluftpistole auf. Eine willkommene Abwechslung ist die 60iger Feier von Ferry im benachbarten Norsand Boatyard, bei der sich Ferry und Brigitte mit dem mexikanischen Abend kulinarisch selbst übertreffen. Eine lustige deutschsprachige Runde feiert bei Tequila Sunrise, Corona und Kahlua.

Wir haben vor einigen Monaten sichergestellt, dass die Handwerker, die wir benötigen auch im März und April verfügbar sind. Nun stellt sich das als ganz anders heraus. Es sind alle ausgebucht und überall herrscht Personalnot. Es kostet Martin einige Überzeugungsarbeit bis wir wirklich alles bekommen was wir brauchen. Die Kostenvoranschläge sind zum Teil nicht nur überhöht, sondern lächerlich übertrieben. Also machen wir eben fast alles selber. Der Riss unter der Salontür wird ausgeschliffen, geschäftet und mit 25 Lagen Fiberglas und Epoxy von Kerstin wieder geklebt. Das Gelcoat darüber wird ebenso wie auf den kleinen Rissen bei den Heckklampen aufgebracht. Nachdem einige Lagen notwendig sind, braucht das ganze zwar nicht sehr viel Zeit pro Tag aber mit der Aushärtezeit vergeht insgesamt eine Woche bis zur Fertigstellung. In der Zwischenzeit lassen wir größere Rückplatten aus Stahl für die Klampen machen, damit die Risse im Gelcoat beim Stressen der Klampen in Zukunft nicht mehr auftreten. Zum Abmontieren braucht man einen Schlangenmenschen oder Spezialwerkzeug, das man hier in riesigen Baumärkten als Ausländer steuerfrei kaufen kann. Schlangenmenschen haben wir keine gefunden.

Zur Sicherheit fragen wir in Australien nach, damit unser neues Vorwindsegel auch sicher zeitgerecht geliefert wird. Martin bestellte es zur Sicherheit vor fünf Monaten für 4 Wochen früher, damit wir mit einer eventuellen Lieferverzögerung gut leben können. Das Segel wird in Europa produziert und kommt aber trotz der frühen Bestellung um zwei Monate zu spät. Das kann nicht sein. Martin „überredet“ den Segelhändler, das Segel selbst in Lizenz in Australien herzustellen und es flott herüberzuschicken. Gesagt getan.

Unser Boatyard übertrifft sich selbst mit unrealistischen Angeboten. So wird für einen Kanister Antifouling gleich mal um 50 Prozent mehr verlangt als beim benachbarten Marinebedarfshändler. Die Kanister gehen retour und wir holen sie beim Nachbarn. Gut, dass man die Wahl hat.

Der Riggcheck durch den Profi bringt nichts zutage, was wir nicht ohnehin ändern wollten. Die Rollanlage des Vorsegels muss repariert werden. Der Block am Mast für das Gennakerfall wird getauscht. In der Mastlaterne stehen Kondenswassertropfen. Den Ersatz haben wir mit. Mit dem Austausch warten wir noch. Der Schotwagen für den Genua-Holepunkt wird getauscht. Er ist trotz seiner edlen Stahlherkunft verzogen und der Block lässt sich nicht mehr drehen. Die Schot hat mittlerweile ein schönes Stück des Blocks weggeschliffen. Unglaublich, welche Kräfte hier einwirken.

Europäische Tauchflaschen, Gassysteme, Feuerlöscher und unsere Rettungsinsel werden in Neuseeland nicht gewartet. Keine Chance. Damit muss man sich einfach abfinden.

Nachdem wir mehr Solarpanele mit höherem Wirkungsgrad haben wollen, müssen wir die alten, mit Sikaflex aufgeklebten Panele herunterstemmen. Unfassbar wie das Zeug hält. Man könnte sich damit glatt selbst mit der Kleidung an drei winzigen Klebepunkten auf der Decke aufhängen.

Die Ankerkette schneidet durch Reibung langsam das eiserne Podest auseinander an dem die Ankerwinsch befestigt ist. Dafür montieren wir eine zweite Ankerrolle am Podest. Das Ruderlager auf der Steuerbordseite wird getauscht und auch am Quadranten wird das Lager für die Schubstange getauscht. Das Ersatzteil dafür haben wir aus Europa mit.

Tauchkompressor, Handgenerator, Atemregler zum Tauchen, Segel und Außenborder bringen wir zum jeweiligen Profi für die Wartung. An den Dieselmotoren und Saildrives wechselt Martin sämtliche Filter, Dichtungen, Simmeringe, Impeller, Anoden, Auspuffkrümmer und natürlich das Öl. Luftfilter, Keilriemen und Kühlwasser hat er erst vor kurzem gewechselt. Ventilspiel und Einspritzdüsen werden allerdings vom Volvo-Profi neu eingestellt. Die Wärmetauscher samt Thermostaten werden mit einem Spezialmittel und Süßwasser gespült.

Die Vorluke an steuerbord leckt und wird neu abgedichtet. Der Sensor für die Duschpumpe ist wieder mal von uns gegangen und wird ebenso ersetzt wie eine Bilgepumpe, die plötzlich den Dienst versagt. Der Holztisch außen wurde von Seewasser, Sonne und Seelöwen aus Galapagos stark missbraucht und deshalb liebevoll restauriert. Ein neuer Holzklappsessel komplettiert unsere Sitzgarnitur und sämtliche Holzflächen werden mit Lasur oder Teaköl eingelassen. Die Polster und die Steuerstandpersenning werden gereinigt und repariert. Unserer Mitzi möchten wir ein Cover spendieren, das sie ganzjährig von der starken UV-Strahlung schützt und nicht nur auf längeren Passagen. Dazu ändern wir das vorhandene so, dass man es durchgehend drauf lassen kann, auch wenn man im Beiboot sitzt. Nachdem wir bald in Malariagebiete gelangen werden, müssen wir auch die Moskitonetzhalterungen außen und innen erneuern.

Mit der zeitaufwändigen Suche nach Gasflaschen und Adaptern in allerlei Ländern reicht es uns jetzt wirklich. Hier füllt man grundsätzlich keine ausländischen Flaschen. Wir kaufen zwei neuseeländische 9 kg Gasflaschen und bauen uns den neuseeländischen Regulator so um, damit er auf das europäische System im Schiff passt. Damit sollten wir jetzt 18 Monate auskommen und in Asien ist sowieso wieder alles ganz anders.

Die Fluchtluken werden ebenfalls präventiv neu abgedichtet, da sie zu unseren Sorgenkindern an Bord gehören. Eine positive Überraschung erleben wir beim Start unserer Dieselheizungen. Nachdem sie vor einigen Monaten streikten, funktionieren beide plötzlich wieder. Das können wir jetzt gut brauchen. Es hat nämlich nur mehr 10 Grad in der Nacht.

Bei der Gelegenheit misten wir das ganze Schiff aus und jeder Schrank und jede Bilge wird auf Dinge untersucht, die wir nicht verwenden. Da kommt ganz schön was zusammen. Das meiste davon wird gleich in der Marina wohltätig gespendet. Ein befreiendes Gefühl, Geschirr, Gläser, Spiele, Bücher, Gewand und so weiter stiften zu können.

Die normale Wartung gehört natürlich auch dazu. Dazu gehört zum Beispiel alle Winschen zerlegen, putzen, ölen, WC-Schläuche und Dichtungen wechseln, Beiboot putzen, Leinen waschen und teilweise erneuern, Watermaker reinigen, das Schmieren und Kontrollieren aller möglichen und unmöglichen Teile an Bord. Und zu guter letzt putzen und aufräumen.

Nach drei Wochen arbeiten, beschaffen, organisieren, verhandeln ohne freien Tag geht es nach Ostern hoffentlich bald ins Wasser. Die Rückenschmerzen werden nach dem Muskelaufbau in der dritten Woche schon wieder besser und wir verbessern uns täglich beim Polieren. Der nette Bootsnachbar aus Auckland borgt uns seine Flex mit Polierscheiben. Damit brauchen wir zu zweit zirka eine Woche für das Gelcoat. Zwei bis drei Lagen Antifouling schaffen wir bestimmt schneller. Allerdings muss auf unsere Ruder vorher noch Primer drauf. Das Wetter kommt uns über Ostern leider nicht entgegen. Die Vorhersage ist und bleibt Regen. Vielleicht beschert uns dieses Wetter ja doch noch den einen oder anderen freien Tag. Zum Polieren und Antifouling auftragen muss es nämlich trocken sein. Wir freuen uns schon wieder darauf, in unserem Element zu sein. Ein Boot gehört einfach ins Wasser.

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