Panama – wir kommen

Wir vergleichen sämtliche Wettermodelle auf PredictWind und suchen uns das geringste Übel aus. Wind und Welle kommt praktisch nie günstig. Erst wird vollgetankt, dann werden vor der Marina Cienfuegos Kreise auf spiegelglattem Wasser gedreht, um die Windmessung neu zu kalibrieren.

Die Wellen kommen steil, kurz, hoch und von allen Seiten daher. Einige waschen sogar mit voller Wucht über das Kajütdach hinaus. Fast wie ein Training für das Bullen-Rodeo. Fünf Stunden nach Start kommt etwas Wasser in beide Bilgen. Backbord kommt teilweise sogar ein kleines Rinnsal. Systematisch versuchen wir die Ursachen zu finden. Die Seeventile sind unschuldig, daher bleiben nur noch Seitenfenster, Luken, Sikaflexfugen oder Relingsstützen, die Wasser ins Innere lassen. Das wollen wir unterwegs bei diesen Wellen allerdings nicht überprüfen. Kochen und Schneiden werden zu riskanten Tätigkeiten, daher bleibt die Küche diesmal kalt. Unser Autopilot Fredl wird ganz schön geschunden. Martin übernimmt wieder die liebevolle Pflege und stellt fest, dass die Hydraulikpumpe ganz schön heiß gelaufen ist. Daher gönnen wir ihm eine Entspannung durch Handsteuerung. Dabei merken wir, wieviel er tatsächlich arbeiten muss. Zur Entlastung stellen wir auf ECO-Steuerung um. Trotzdem verbrauchen wir bei diesem Kurs viel Strom. Bei Fahrt ziemlich genau gen Süden mit Abdeckung durch die Segel und immer wieder lokalen Tiefs mit Bewölkung liefern die Solarpanele nicht so viel Strom wie üblich. Daher starten wir trotz ausreichendem Wind einmal am Tag einen Motor um die Batterien zu laden.


Passage Kuba – Panama in 5 Tagen

Nach der Passage der Cayman Inseln kommt noch eine Strömung dazu, die uns deutlich bremst. Teilweise kommen wir auf 10 Knoten Fahrt durch Wasser, die uns aber nur 6 Knoten vorwärtsbringen. Eigentlich ist dies der bisher unangenehmste Törn unserer Reise. Daher freuen wir uns schon auf die Südsee, den „Stillen Ozean“.

Das neue Jahr kommt mit Neumond daher. Wir feiern in Gedanken schon mal in mitteleuropäischer Zeit. Wir sind froh, wenn einer von uns einmal schlafen kann. Das Boot hört sich zum Teil an, als würden Kanonen donnern. Wir sind müde, verschwitzt und voller blauer Flecken.  Tag und Nacht verschwimmt, die Hälfte der Zeit ist es hier dunkel. Wir freuen uns auf eine ausgiebige Dusche und auf die Wäscherei in der Marina.

Je näher Panama kommt, desto mehr Schiffsverkehr ist unterwegs. Ein riesiges Ankerfeld vor dem Kanal ist voll mit Tankern und Frachtern. Wir gleiten unter Segel in die Hafeneinfahrt von Colon. Dadurch haben wir gegenüber allen Schiffen unter Motor, also auch der Großschifffahrt Vorfahrt. Alle weichen brav aus. Sogar ein großer Tanker muss noch einmal abbremsen um uns die Vorfahrt durch die Wellenbrecher zu gewähren. Da bekommt man fast ein schlechtes Gewissen, wenn so ein Ungetüm wegen uns 20 Minuten warten muss. Aber als Schiff mit Vorrang hat man Kurshaltepflicht und darf nicht ausweichen, sonst könnten Ausweichmanöver ein böses Ende nehmen. Die Einfahrt in die Shelter Bay Marina ist ein bisschen trickreich, aber wir werden vom Dockmaster mit dem letzten Tageslicht hineingelotst. Wracks und Mangroven stören die ohnehin sehr schmale Einfahrt. Die Marina ist zwar ziemlich voll, aber wir kriegen noch ein schönes Plätzchen. 780 Seemeilen sind geschafft.

Bei der Ankunft werden wir gleich davor gewarnt, nachts in der Marina zu schwimmen. Dort gibt es nämlich Salzwasserkrokodile. Alles wird angesteckt und kontrolliert und siehe da: der Landstrom funktioniert wieder nicht. Die Spannung am Steg ergibt diesmal 280 Volt. Damit regelt unser Ladecontroller wieder ab. Für den nächsten Tag verspricht man uns einen Steg mit weniger Spannung. Zwischenzeitlich bekommt Martin auch ein Mail vom Elektriker, der unseren Trenntrafo auf den Kanaren eingebaut hat. Martin kam die Verkabelung spanisch vor. Nun kommt die Bestätigung per Mail. Die Verkabelung ist falsch und Martin stellt sie richtig.

Mit der Ankunft beginnt auch wieder das Reparieren, Aufräumen und Putzen an Bord. Wir finden Mitarbeiter der Marinawerft, die das Boot außen polieren, die gesamte Fuge zwischen Rumpf und Aufbau erneuern und unseren provisorisch gerichteten Gelcoat-Schaden wieder auf Hochglanz bringen. Sämtliche Luken werden ausgebaut und neu eingeklebt. Die Außenfenster am Bug werden ebenso mit neu abgedichtet. Jetzt sollte Schluss sein mit Wasser in der Bilge. Vorsichtshalber bestellt Martin noch Dichtungen für alle Fenster, denn das wäre dann noch die einzige Stelle, an der Wasser ins Schiff kommen kann.

Die Marina ist schön. Es gibt einen Pool, den wir leider wegen unserem Arbeitsprogramm nicht nutzen können, einen kleinen Lebensmittelmarkt, der der auch Sim-Karten verkauft und ein gutes Restaurant. Ein kleiner Marineshop bemüht sich, Ersatzteile zu beschaffen, was eingeschränkt funktioniert. Unser Panama-Agent Erick Galvez, der das Einklarieren und die Kanaltransit-Formalitäten für uns erledigt, leistet professionelle Arbeit und beantwortet alle Fragen mit kurzer Reaktionszeit. Der Vermesser der Kanalbehörde kommt an Bord und es gibt jede Menge Formulare auszufüllen und zu unterschreiben. Der Kanaltransit wird für 17. bis 18. Jänner festgelegt.

Unsere Freunde Anna-Maria und Werner aus Österreich kommen an und mit ihnen auch der willkommene Urlaub für uns. Vorher wird noch fleißig eingekauft und wir besuchen das Besucherzentrum der Gatun-Schleusen. Das ist der Atlantikteil des Panamakanals. Kaum zu glauben wie die Ozeanriesen hier auf engem Raum manövriert und mit 4 Schleppbooten bugsiert werden. Pro Jahr sind es 28.000 Schiffe, die den Kanal passieren. Das sind im Durchschnitt 3,2 Schiffe pro Stunde.

Nun stehen die heiß ersehnten San Blas Inseln auf dem Programm. Wir verlassen die Shelter Bay Marina mit dem letzten Sonnenlicht und motoren gegen den Wind nach Nordosten. Sobald wir die Nordspitze Panamas runden, setzen wir Segel und rauschen durch die Nacht. Am nächsten Morgen ankern wir vor Porvenir, der Hauptstadt der San Blas Inseln. Hier ist die Heimat der Kuna-Indianer, die bis zur kolumbianischen Grenze ihr selbst verwaltetes Reservat auf 360 Inseln samt eines Festlandstreifens bewohnen. Die Kuna lassen nicht lange auf sich warten. Sofort rudern sie mit ihren Einbäumen zum Schiff und verkaufen uns Molas und Armbänder. Molas sind aufwändig handgestickte bunte Motive, die man auf Textilien nähen oder als Bilder verwenden kann. Geschenke für die Kinder werden dankend angenommen.

Hier fühlt man sich fast wie im Schlaraffenland. Beinahe stündlich kommen Einwohner vorbei, die Fische, Langusten, Obst und Gemüse anbieten. Nestor spricht gut englisch und wir freuen uns auf das Langusten-Essen bei seiner Familie.

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