St. Croix und St. Thomas – US Virgin Islands

Auf dem Weg Richtung US-amerikanischem Gebiet sind wir doch gespannt. Hat sich unser Ausflug nach Miami ausgezahlt und können wir mit dem Boot problemlos einklarieren? Oder werden wir wieder zurückgeschickt? 

Nach einer schönen 15-stündigen Überfahrt kommen wir in Christiansted auf St. Croix an und legen an einer Hafenboje an. Neben uns „liegt“ ein Zweimaster, allerdings auf dem Grund. Auch hier finden wir überall Spuren vergangener Hurrikans. Der letzte große hieß Maria und war genau wie Irma im Jahr 2017. Damit enden aber auch schon die Gemeinsamkeiten. Wir merken gleich, dass wir auf US-amerikanischen Boden sind. Einklarieren müssen wir am Flughafen, dafür brauchen wir ein Taxi. Während der Wartezeit „genießen“ wir einen amerikanischen Kaffee und beschließen, Kaffee nur noch auf unserem Boot zu konsumieren. Ein LKW-ähnliches Gefährt stellt sich dann als unser Taxi heraus. Der Fahrer kommt ganz klischeehaft mit einem Cowboy Stetson Hut auf dem Kopf daher, wir dürfen auf die umgebaute Ladefläche, die nun Sitzreihen enthält. Dann kommt die nächste Überraschung auf uns zu. Der Fahrer sitzt zwar auf der für uns richtigen linken Seite, fährt aber auch auf der linken Straßenseite! Wir sind aber auf den US Virgin Islands und nicht auf den British. Am Flughafen wird es kompliziert. Erst schickt man uns von Pontius nach Pilatus ehe wir bei der richtigen Stelle der Custom and Border Control ankommen. Die notwendigen vorausgefüllten und ausgedruckten Formulare liegen vor aber keiner will sie sehen. Martin fragt nach, ob die Einreise mit dem Boot als neue Einreise für ESTA gilt oder ob unsere dreimonatige Aufenthaltsdauer mit der Flugzeugeinreise nach Miami begonnen hat. Dafür werden dann drei Beamte zusammengerufen, von denen sich keiner auskennt. Dann werden Telefonate gestartet. Kerstin versucht in der Zwischenzeit erfolglos einen Mietwagen zu bekommen. Nach einer gefühlten Ewigkeit dürfen wir wieder unsere Fingerabdrücke überprüfen lassen, ein Foto aufnehmen lassen und kriegen dieses Mal einen Stempel in unseren Pass. Wir haben es geschafft und sind mit dem Boot auf US-Territorium.

Freudig fahren wir nach Christiansted zurück, welche als eine der schönsten Städte der Karibik gilt. Die Inseln gehörten ursprünglich zu Dänemark und wurden 1917 an die USA verkauft. Christiansted hat noch einige Gebäude aus dänischen Zeiten. Diese fügen sich wirklich schön ins Gesamtbild. Dann wird es allerdings amerikanisch. Die Autos werden größer, die Menschen dicker und freundlicher. Alle grüßen dich auf der Straße als würden sie dich schon ewig kennen. Gegenüber liegt eine kleine Insel, die früher als Friedhof für die Protestanten fungiert hat da man nicht auf katholischem Boden begraben werden durfte. Die Insel zeichnet sich mit feinen Strand und einer kleinen Bar aus. An der Bar trifft Martin einen jungen Amerikaner, der uns gleich 4 Bier ausgibt, nachdem er erfahren hat, dass wir aus Österreich kommen. Er habe sich in Wien die Hand gebrochen und sei dort zu seiner Zufriedenheit operiert worden und schwärmt in den höchsten Tönen. Da bekommt man direkt Heimweh.

Die Natur hier ist auch faszinierend. In der Bucht von Christiansted hüpft keine 2 Meter vor unserem Dinghi ein großer Rochen aus dem Wasser. Atlantische Tarpune, Fische mit bis zu 2 Meter Länge, tummeln sich vor den Restaurants und lassen sich mit Essensresten füttern. Wahrscheinlich wissen sie, dass sie am Steg nicht gefangen werden dürfen. Da wir in letzter Zeit städtisches Leben genug erlebt haben, fahren wir zu einem angeblichen Top Tauchspot auf einer kleinen vorgelagerten Insel. Sie steht unter anderem wegen der Schildkrötenstrände unter Naturschutz, daher darf man hier nur tagsüber ankern. Allerdings gibt es auch viele Korallenköpfe, Riffe und Untiefen, dass wir sogar mit dem Dinghi nur langsam dahin schleichen. Die Unterwasserlandschaft ist aber enttäuschend. Der Hurrikan hat auch hier gewütet, abgebrochene Korallen liegen wie Knochen auf einem Seefriedhof. Ein paar kleinere Fische und Barrakudas fühlen sich hier allerdings trotzdem heimisch. Am Abend übersiedeln wir an einen geschützten Schlaf-Ankerplatz und treffen uns mit Isabel und Peter auf ein Bier im privaten Yachtclub von St. Croix. Wir werden freundlich empfangen und dürfen auch ohne Mitgliedschaft rein. Kerstin bestellt Pineapple-Juice und kriegt Heineken-Bier. Klingt so ähnlich – ist auch nicht schlecht.

Nach Peters Geburtstagsfeier auf Infinity mit Kartoffelsalat und Spaghetti Bolognese machen wir uns wieder auf zur nächsten Bucht. Salt River Bay gilt mit seinen Mangroven als Hurrikan-Hole. Ein Hurrikan-Hole ist ein Hurrikan-Hole bis ein Hurrikan drüber rauscht. Daher gleicht die ganze Bucht einem Schiffsfriedhof. Die Navigation in die Bucht ist gar nicht einfach. Kerstin sagt beim Zickzackkurs die ganze Zeit die Wassertiefe an, die auch schon mal unter 1,5 Meter unter dem Rumpf anzeigt. Bei Wellengang ist das nicht ganz so entspannt. Vor der Bucht soll wieder eine schöne Riffkante zum Tauchen sein. Allerdings sind dort hohe Wellen, Kerstins Lippe ist von Sonne, Wind und letztem Tauchgang aufgerissen, sodass für sie das Tauchen in nächster Zeit flachfällt. Ein Tauchgang mit Guide kostet dann soviel wie eine Beteiligung an der Tauchschule, sodass Martin auch verzichtet. Die ansässige „Marina“ ist zu, das einzige Lokal weit und breit ist aber geöffnet. Das Restaurant ist lustig. Draußen kommen immer mehr Autos von Einheimischen und wir fürchten schon, dass alle Plätze reserviert sind. Aber hier gilt: wer zuerst kommt, malt zuerst. Nachdem wir vor Öffnung da waren werden wir als erste aufgerufen. Nicht, dass jetzt jeder, der einen freien Platz hätte, hineinkommen könnte. Nein, erst werden die ersten Bestellungen aufgenommen und dann nach und nach die Gäste eingelassen. Komisches System, die Leute stehen draußen in der Sonne, drinnen im Schatten stehen leere Tische. Mit Einbruch der Dunkelheit zieht eine Horde Kajakfahrer in die Bucht. Dort gibt es unter den Mangroven fluoreszierende Quallen und Algen, die wir uns auch ansehen. Mit dem fluoreszierenden Algen-Feenstaub auf hoher See sind wir ziemlich verwöhnt. Die verzückten Aufschreie der Amerikaner können wir nicht nachvollziehen wegen ein paar kleiner Lichtchen im Wasser.

Kurzvideo Naturreservat Buck Island bei St. Croix

Da der Wetterbericht guten Wind vorhersagt, machen wir uns am nächsten Tag gleich auf nach Frederiksted, dem zweiten Ort auf der Insel. Hier findet man wieder Karibikfeeling. Die Rastas rauchen Gras, alles geht langsam wie in Zeitlupe vor sich, Sehenswürdigkeiten: Fehlanzeige. Dafür genießen wir unser bisher bestes Essen auf amerikanischen Boden: asiatisch! Auf dem Weg dahin ankern wir in der Butler Bay, die gleich fünf Schiffswracks unter Wasser beherbergt, die Martin natürlich sehen muss. Es ist immer wieder faszinierend, wie die riesigen Schiffe unter einem beim Abtauchen auftauchen und Meter für Meter an Detaillierungsgrad gewinnen. Sie bieten ein unverhofftes neues Zuhause für viele Tiere, die wunderschön anzusehen sind.

Kurzvideo – Die Wracks der Butler Bay auf St. Croix

Am frühen Morgen gehen wir Anker auf und setzen Kurs Richtung St. Thomas, einer weiteren Insel der US Virgin Islands. Historische Sehenswürdigkeiten gibt es einige. In der Bucht ist es voll mit Booten. Zum Teil haben die Schiffe keinen Mast, entweder weil sie ihn beim Hurrikan verloren haben, oder weil sie ihn im nächsten Sturm nicht verlieren wollen. Die Stadt Charlotte Amalie selber erinnert uns ein bisschen an Philipsburg. Hübsch renovierte Prachtstraße mit Luxusgeschäften für die Kreuzfahrer, aber alles geschlossen dank Corona. Die Super-Marina darf nicht fehlen mit allem Drum und Dran. Dort liegt die Luxusyacht der Walmart-Erbin mit einem Wert von schlappen 300 Millionen Dollar. Jährliche Betriebskosten 20 – 30 Millionen Dollar. Da können die russischen Oligarchen in Montenegro nur milde lächeln. Dort kaufen die Russen ganze Inseln und hier machen das die amerikanischen Multimillionäre. Eines Morgens bemühen sich zwei junge Damen, den Anker einer nagelneuen Lagoon 50 erfolglos hochzubekommen. Martin als Gentleman fährt mit dem Dinghi rüber und beseitigt den Kettenberg im Kettenkasten, der die Ankerwinsch von unten blockiert. Eine der beiden jungen Ladys ist Skipperin und die andere ihr Boss. Wir wünschen alles Gute für die Zukunft – die beiden werden das schon schaffen.

Kurzvideo Infinity von oben auf den US Virgin Islands

St. Thomas erinnert uns an Kroatien. Einen besonders netten Platz finden wir in St. James Cut zum Ankern und für den Sonnenuntergang. Die südliche der beiden kleinen Inseln sieht sehr nett aus und Martin findet heraus, dass sich diese im Privatbesitz befindet. Jeffrey Epstein hat die Insel gekauft. Google klärt uns darüber auf, dass dies ein Investmentbanker war, der Drahtzieher eines Kinderpornorings war und deshalb in Untersuchungshaft Suizid begangen hat. Das verändert den Blick auf das Anwesen und die Insel, die ja selber nichts dafür kann. Der Sonnenuntergang zeigt sich von seiner schönsten Seite und vertreibt die trüben Gedanken.

Wir segeln gegen den Uhrzeigersinn in den Norden der Insel. Ankerplätze sind dort rar, außerdem hat der Wetterbericht stärkeren Wind aus Nordost angesagt. Ein Ankerversuch zwischen den Hans Lollik Inseln scheitert am felsigen Untergrund, sodass wir in eine der schönsten Ankerbuchten der Welt fahren. Amerikaner lieben eben Superlative. Magens Bay ist wirklich schön und bietet einen sauberen feinen Sandstrand. Neben einigen Segelschiffen ankern hier auch große Luxusyachten, um den Sonnenuntergang zu genießen. So viele Motorboote haben wir in einer Bucht noch nie gesehen. Martin schaut sich am Morgen noch den wirklich schönen Strand an, Kerstin schaut während dessen den Pelikanen zu, die in einem wahren Schlaraffenland leben. Hier springen ihnen beim herum schwimmen die Fische im wahrsten Sinne des Wortes ins Maul. Dann machen wir uns an die letzte Etappe von St. Thomas und segeln in einer blitzartigen Rauschefahrt um die Westseite zurück nach Charlotte Amalie in die St. Thomas Bay.

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