Wir sind wirklich in der Karibik

Oft haben wir auf unserer bisherigen Reise gesagt, dass die Buchten fast so ausschauen wie sie in der Karibik sein müssten. Auch ist die Karibik nach den Kanaren unser zweites großes Etappenziel. Jetzt sind wir hier und denken immer noch: „Hier sieht es aus wie in der Karibik.“ Die Vorstellungen und die Realität sind ja oft sehr verschieden. Natürlich wissen wir, dass wir in den Tropen sind, dass es regelmäßig regnet. Trotzdem sind wir von den leeren weißen Traumstränden mit türkisem Wasser, der Fülle der Vegetation bis hin zum tropischen Regenwald überwältigt.

In der Carlisle Bay haben wir einen gemütlichen Ankerplatz und starten von dort aus mit dem Beiboot unsere Erkundungstour. Eine SIM-Karte fürs Internet muss her, auch müssen wir frische Vorräte auffüllen. Obwohl bereits der dritte Advent ist und die Einheimischen Rentiergeweihe und Weihnachtsmützen tragen, sind wir nicht in Weihnachtsstimmung. Das ist bei 30 Grad im Schatten irgendwie surreal.

In einem Verschlag am Strand wird bei guter Laune Bier getrunken und wir gesellen uns dazu. Einige Rastafari vereinbaren mit unseren dänischen Nachbarliegern einen Grillabend bei dem wir uns gerne anschließen. Am nächsten Tag wird bei Sonnenuntergang Bier und Rum Punsch getrunken und gegrillt. Das Grillgut muss mitgebracht werden. Der Koch ist ein Rastaman, der alles hervorragend würzt. Da wartet man schon mal gerne etwas länger aufs Essen. Nachdem der Koch kein Fleisch isst und dementsprechend auch nicht kosten kann, können wir uns über den Wohlgeschmack nur wundern. Die netten Dänen treffen wir nun häufiger auf ein Bier bei den gastfreundlichen Rastafari.

Natürlich kommen auch wieder Probleme auf uns zu. Die amerikanische Botschaft hat nämlich unseren Interviewtermin abgesagt mit der Begründung, dass sie derzeit nur Einheimische bedienen wollen, da die Botschaft aufgrund von Corona eine Zeit lang geschlossen war. Wir mögen uns doch bitte an unsere nächstgelegene Botschaft wenden. Der mehrfache Hinweis, dass sie die nächste Botschaft sind, wird ignoriert. Damit müssen wir versuchen noch andere Wege zu finden oder lange genug lästig zu sein, bis wir doch einen Termin kriegen. Andernfalls müssen wir uns einen anderen Platz für die Hurrikansaison suchen.

Das Preisniveau auf Barbados ist das höchste unserer bisherigen Reise. Eine Tomate im Supermarkt kostet zum Beispiel hier einen Euro. Ein kleines Dosen-Bier im Lokal vier Euro. Irgendwann brauchen wir natürlich auch Bargeld, sodass wir uns zum nächsten Bankomaten aufmachen. Dieser frisst prompt unsere Karte. Aber wir werden von Passanten beruhigt, am Montag morgen könnten wir die Karte bei der Bank abholen. Weit gefehlt: Die Automaten werden zweimal täglich von einer Gesellschaft geleert und die darin verbliebenen Karten einfach allesamt geschreddert! Trotz ewigen Diskussionen mit der Filialleiterin der Bank kommen wir zum Schluss, dass Martin eine neue Karte bestellen muss, die dann in das österreichische Konsulat geschickt werden soll. Ohne unsere perfekte persönliche Fernbetreuung durch Klemens Moßbauer von der Raiffeisenbank Mühlviertler Alm in Schönau wäre das alles viel schwieriger. Vor der Freigabe von Überweisungen wird auch schon mal nachgefragt ob alles korrekt ist. Er kennt alle unsere Versicherungen und ist auch in dieser Hinsicht eine große Unterstützung. Daher ein ganz dickes Dankeschön!

Unser Großsegel soll möglichst bald repariert werden. Somit rufen wir am Samstag den Segelmacher der Firma „Undercover“ an, der das Segel am Sonntag (!) abholt und auch gleich repariert. Dazu fahren wir mit ihm in die Produktionshalle und sind von den Dimensionen überwältigt. Der Segelmacher Nigel zeigt und erklärt uns alles. Von unserer provisorischen Lösung mit den Popnieten zeigt er sich begeistert. Somit haben wir bereits nach 2 Stunden ein repariertes Segel und Tipps zu eigenen Reparaturmöglichkeiten.

Am Wochenende ist an der Hafenausfahrt von Bridgetown die Hölle los. Derartig laute Musik von Discobooten, die dann auch noch raus aufs Meer fahren mit schreienden DJs die ganze Nacht lang wären in Europa sicher mit verschärfter Haft belegt. Das Partyvolk wird angefeuert bis der letzte Rum Punsch ausgetrunken ist. Ein anderes Kuriosum hier ist, dass auch Delfin am Speiseplan steht. Wir haben ihn nicht probiert. Sehr wohl aber fliegende Fische, die in Barbados die Spezialität sind.

Natürlich wird die Insel landseits besichtigt. Wir vereinbaren mit einem Taxifahrer einen Fixpreis für einen Tag, der genutzt werden will. Gasflaschen auffüllen, Müll wegbringen, Wäsche waschen und die Sehenswürdigkeiten der Insel besichtigen. Trotz der überschaubaren Größe gibt es hier einiges zu sehen. Die älteste industrielle Rum Destillerie der Welt „Mount Gay“ mit einer sehenswerten Führung und natürlich viel Rum. Gut, dass wir unseren Taxifahrer Alvin haben. Traumhafte Strände, Hotels und Ausblicke sowie eine alte Plantage, die als Museum dient: St. Nicholas Abbey. Ein wunderschönes herrschaftliches Haus umgeben von Zuckerrohr-Feldern und einem urwaldartigen Garten samt entsprechender tierischer Geräuschkulisse.

Die Altstadt von Bridgetown mit seiner alten englischen Garnison samt Pferderennbahn ist ein UNESCO Weltkulturerbe. Hier besuchen wir das Heimatmuseum und treffen durch Zufall auf einen Staatsempfang des mittlerweile 100-jährigen Engländers Captain Tom, der mittlerweile 40 Millionen Pfund mit seiner Spendenaktion gesammelt hat. Sein Schwiegersohn erklärt uns, dass er sich die Hüfte gebrochen hatte und er ihm daraufhin für jeden Schritt ein englisches Pfund versprach, damit er wieder auf die Beine kommt. Der Kriegsveteran ging daraufhin so eifrig, dass er die Aufmerksamkeit der Medien erregte und die ganze Welt zum Spenden veranlasste. Er stiftete das Geld zuerst für Corona-Kranke und nun gibt es eine eigene Stiftung, die das Geld verwaltet und spendet. Zu seinem 100. Geburtstag hat er 125.000 Glückwunschkarten bekommen. Laut Schwiegersohn wurden sie alle geöffnet und gelesen. Er erzählt uns weiters, dass Captain Tom eine eigene Bucket List hat. Darauf stehen neben der Garnison in Barbados, mit einem Bentley über die Route 66 der USA fahren und Fallschirmspringen. Allerdings wird das Fallschirmspringen für den Schluss aufgehoben. Respekt!

Das Tauchen darf hier nicht zu kurz kommen, denn in der Carlisle Bay gibt es ein Marine Reservat mit mehreren Wracks. Eines davon ist 125 Jahre alt und besonders schön mit verschiedensten Korallen bewachsen. Fischreichtum samt Schildkröte und Rochen streicheln. Taucherherz, was willst du mehr?

Wracktauchen in der Carlisle Bay

Jetzt ist es Zeit, Abschied von unserem Mitsegler-Freund Michael zu nehmen. Die getrübte Stimmung wird spontan aufgehellt als der Flughafen-Taxifahrer das Taxi vor dem Einsteigen lüftet und daraus eine fette süßliche Rauchwolke entsteigt. Schließlich ist der Sonntag auch hier ein „Feier-„Tag. Sollte es doch einmal zu einer Verhaftung kommen, wird man mit dem „Prison-Service“ ins Gefängnis gebracht. Klingt gleich viel besser als „Justizwache“. Das nennt man Kundenorientierung.

Am letzten Abend in Bridgetown wollen wir am Strand einen Drink nehmen. Martin stellt sich an und als er endlich drankommt, erfährt er, dass man hier im Yachtclub Barbados sei und nur als Mitglied bedient würde. Der nette Herr in der Schlange hinter ihm übernimmt die Rolle des Bürgen und lädt uns auch prompt noch auf die Drinks ein. Der Abend entpuppt sich als Weihnachtsfeier des Barbados Yachtclub mit Weihnachtsmann samt Christmas Carol Singer Band. Der Weihnachtsmann geht durch die Reihen und fragt ob auch alle brav waren. Martin petzt natürlich, dass Kerstin manchmal schlimm war. Darauf meint der Weihnachtsmann: „Yes, but you want her bad, don’t you?“ Keine weiteren Fragen. Die Leute im Yachtclub zählen zum älteren Semester und sind sehr nett. In dieser alten Welt ist weiß und schwarz noch komplett getrennt. Die Schwarzen arbeiten, die Weißen feiern. Wir unterhalten uns mit einer ca. 80 Jahre alten Lady und ihrer Tochter. June stellt sich vor und meint, dass sie trotzdem June hieße, auch wenn es jetzt schon Dezember sei. Vor 62 Jahren hat sie von Grenada nach Barbados geheiratet und wohnt in einer Villa am Hügel. Ihr Mann ist vor 2 Jahren gestorben und sie vermisst ihn sehr. Sämtliche Fotos von Enkel und Urenkel werden gezeigt. Am Schluss erzählt sie, dass heute morgen ihr bester Freund gestorben sei. Die ganze Zeit hat sie sich nichts anmerken lassen, aber jetzt möchte sie nachhause.

Auch wir gehen heimwärts und „schneien“ diesmal noch bei der Weihnachtsfeier von jungen Einheimischen in einer Strandbar rein. Im Gegensatz zum Yachtclub feiern hier Schwarze und Weiße gemeinsam. Hier wird bei lauter Musik und guter Stimmung gefeiert. Unser Aufenthalt bei dieser Feier ist deutlich kürzer als bei jener des Clubs und wir begeben uns wieder über einen kleinen Umweg auf ein Bier mit unseren Rastafari-Freunden in unser schwimmendes Zuhause. Morgen geht es weiter in die nächste Bucht auf Barbados „Payne’s Bay“ mit seinen Korallenriffen.

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